Genderstern zeig uns den Weg, führt uns – ja wohin denn? Wohl zuerst einmal in die Verwirrung. Das ist das erklärte Ziel einer Kampagne der Katholischen Studierenden Jugend, die fortan „Gott“ mit einem Genderstern (*) schreibt. „Wir wollen bewusst irritieren und herausfordern. Menschen sollen sich Gedanken darüber machen, was und wer Gott ist. Das Sternchen zeigt: Gott* ist so viel mehr, als man denken und beschreiben kann.“ Das Hinweisen auf die Übergeschlechtlichkeit Gottes ist ein in manchen Kreisen immer noch notwendiger Impuls – dass man dafür gerade den Genderstern verwendet, der in eben diesen Kreisen und darüber hin, sehr umstritten ist, führt zwar zu medialer Aufmerksamkeit, doch dient es dem Diskurs über verkrustete Gottesbilder?
Dieser Asterisk sprengt die Dichotomie zwischen männlich und weiblich durch eine Möglichkeit der geschlechtergerechten Schreibung. Die Bibel hat dafür ihre eigene Lösung gefunden, wenn ihre Autoren bereits direkt am Anfang nicht irgendeine Gottesbezeichnung verwendeten, sondern das hebräische Wort אֱלֹהִים (gesprochen: elohim).
Im Anfang erschuf Gott [אֱלֹהִים] Himmel und Erde.
Wenn man die Hebräische Bibel zum allerersten Mal in der Hand halten würde, müsste man eigentlich lesen: „Im Anfang erschuf Götter Himmel und Erde“ – die Gottesbezeichnung ist grammatikalisch ein Plural und findet sich als solcher auch an anderen Stellen in der Bibel, wenn es um eine Vielzahl von Göttern geht (vgl. Deuteronomium 6,14). Doch das Verb im ersten Satz der Bibel lässt keinen Zweifel daran, dass es sich um einen Gott handelt. Das Wort אֱלֹהִים ist ein Plural – ein sogenannter Abstraktplural oder Hoheitsplural. Bereits der erste Satz der Bibel verdeutlich somit, dass Gott selbst mit den üblichen Mitteln der Sprache nur schwer zu beschreiben ist. Es bedarf eines zweiten Blicks auf den Kontext. Das Verb „erschuf“ verdeutlicht nun – man muss diese Gottesbezeichnung als eine männliche Form im Singular lesen. Doch noch im ersten Kapitel wird klargestellt:
Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie.
Der Mensch ist das Repräsentationsbild Gottes auf Erden – sowohl als männlicher Mensch als auch als weiblicher Mensch. Die verschiedenen Geschlechter sind gleichwertige Verweise auf Gott, denn Gott ist weder nur männlich noch nur weiblich. Mit dem Genderstern möchte die Katholische Studierenden Jugend eine geschlechtliche Vielfalt in Gott ausdrücken, aber Gott ist mehr als eine Vielfalt. In ihm wird die Vielfalt zu einer Einheit. Gott ist Singular und Plural, maskulin und feminin. Aber wie kann man das sprachlich ausdrücken? Indem man über Gott spricht und die Grenzen der Sprache immer wieder überspringt. Ein Asterisk ist ein typografisches Zeichen, das sich für eine Diskussion nicht eignet. Es ist ein stummes Zeichen – eine Verkündigung, die verkrustete und stereotype Gottesbilder aufbrechen will, muss laut- und hörbar sein.
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Titelbild: Bildmontage – Lizenz: gemeinfrei
… danke, daß Du die Initiative der KSJ erst einmal – so lese ich es – ohne Verriß würdigst. Ich kann der Idee zugegebenermaßen mehr abgewinnen. Nach dem Duktus Deines Textes finde ich den Satz: “Ein Asterisk ist ein typografisches Zeichen, das sich für eine Diskussion nicht eignet. ” allerdings inkonsistent, das Sternchen ist genau das: Eine Einladung, eine Aufforderung, eine Forderung zum Gespräch, ja, und in dem dem gilt es dann auch hinzuhören (auch so, daß nicht hochwissenschaftliche Theologie verstehbar wird).
In evangelisch-pietistischen Kreisen wird seit jeher “GOtt” geschrieben, also der zweite Buchstabe versalisiert.
Bis heute liest man das in entsprechenden Veröffentlichungen. Selbst auch bei Adjektiva wie etwa “gOttbegnadet” findet sich diese auffallende Schreibweise.
Als Beispiel gebe ich einmal die “nachtodlichen Belehrungen” des pietistischen Augenarztes und Ökonomieprofessors Johann Heinrich Jung-Stilling ein, die im aufgeklärt-pietistischen Milieu kursieren.