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Jerusalem – eine Stadt, die verbinden könnte und doch immer wieder umstritten ist. Für Juden ist sie die Stadt Davids, der Ort des Tempels, der שְׁכִינָה (gesprochen: schechina), der Einwohnung Gottes, für Christen der irdische Ort, an dem Jesus am Kreuz starb, sich als Auferstandener zuerst seinen Jüngern offenbarte, die hier auch den Heiligen Geist empfingen, für Muslime ist sie einfach القدس (gesprochen: al-quds), die Heilige, die im Quran als „ferne Kultstätte“ bezeichnet und als Ort der mystischen Himmelfahrt Mohammeds verehrt wird1). Jerusalem könnte die drei abrahamitischen Religionen verbinden, ist aber doch immer wieder der Ort blutiger Auseinandersetzungen. Wer das Heilige besitzen will, macht vor denen, die den Heiligen suchen, nicht halt. Jerusalem, die Heilige, der Sehnsuchtsort der vielen, ist für allzu viele immer wieder zur Versuchung der Bemächtigung des Heiligen geworden. Die Geschichte von Juden, Christen und Muslimen ist voll von Waffengängen, Niederlagen, (Wieder-)Eroberungen, Vertreibungen und der wohl kaum zu stillenden Sehnsucht, in der Heiligen den Heiligen endlich begreifen zu können. Vor allem die innere Mitte der Heiligen Stadt, der Tempelberg wird immer wieder zum Stein des Anstoßes. Der Ort des כותל (gesprochen: kotel), der Klagemauer, die als westliche Stützmauer am nahesten am Allerheiligsten des Tempels war, und die al-Aqsa-Moschee auf dem Tempelberg – für Muslime das drittwichtigste Heiligtum nach der Kaba in Mekka und der Prophetenmoschee mit dem Grab Mohammeds in Medina, wird von beiden Religionen beansprucht. Jedenfalls sind die Konflikte um den Zugang zum Tempelberg mitursächlich für die Angriffe der palästinensischen Hamas auf Israel aus dem Gazastreifen und den daraus folgenden kriegerischen Konflikt, der am 10. Mai 2021 begann und am 21. Mai 2021 mit einer Waffenruhe vorläufig endete2). Wenn es um die innersten Bindungen geht, die Religion, das, was dem Menschen Halt gibt, besteht offenkundig immer und zu allen Zeiten die Gefahr, dass Menschen die Sache Gottes selbst in die Hand nehmen.
Wo ist der Tempel?
Offenkundig ist es ein zutiefst menschliches Bestreben, den Heiligen im wahrsten Sinn des Wortes zu begreifen. Der Heilige soll irdisch dingfest gemacht werden – ein Gedanke, der wenigstens dem christlichen Glauben eigentlich fern sein sollte. Schließlich schreibt Paulus schon wenige Jahre nach Kreuzestod und Auferstehung Jesu Christi an die Gemeinde in Philippi:
Das also wollen wir bedenken, wir Vollkommenen. Und wenn ihr anders über etwas denkt, wird Gott euch auch das offenbaren. Nur müssen wir festhalten, was wir erreicht haben. Ahmt auch ihr mich nach, Brüder und Schwestern, und achtet auf jene, die nach dem Vorbild leben, das ihr an uns habt! Denn viele – von denen ich oft zu euch gesprochen habe, doch jetzt unter Tränen spreche – leben als Feinde des Kreuzes Christi. Ihr Ende ist Verderben, ihr Gott der Bauch und ihre Ehre besteht in ihrer Schande; Irdisches haben sie im Sinn. Denn unsere Heimat ist im Himmel. Von dorther erwarten wir auch Jesus Christus, den Herrn, als Retter, der unseren armseligen Leib verwandeln wird in die Gestalt seines verherrlichten Leibes, in der Kraft, mit der er sich auch alles unterwerfen kann.
Der irdische Ort des Tempels des Heiligen verlor für die frühen Christen an Bedeutung. Zwar heißt es von dem weiter in Jerusalem residierenden Zwölferkreis und der Jerusalemer Urgemeinde, dass der Tempel ein fester Bezugspunkt war. So heißt es in der lukanischen Apostelgeschichte:
Tag für Tag verharrten sie einmütig im Tempel, brachen in ihren Häusern das Brot und hielten miteinander Mahl in Freude und Lauterkeit des Herzens.
In der antiochenischen Gemeinde aber entwickelt sich eine neue theologische Erkenntnis. Basierend auf der Erfahrung des Heiligen Geistes, der als göttlicher Hauch, Wind, Energiesturm im Menschen selbst atmet und ihn belebt, reift der Gedanke, dass der Mensch selbst Wohnsitz Gottes und damit ein Tempel ist. Das hat nicht nur praktische Folgen für jene Juden in Antiochia, die an die Auferstehung des Gekreuzigten glaubten. Sie befreiten sich gewissermaßen von der Orientierung zum Jerusalemer Tempel; mehr noch: sie erkennen, dass Gott in allem ist, was atmet. Mithin können also nun auch Nichtjuden zur Verehrung des Heiligen gelangen und zum Volk Gottes gehören. Es ist der Beginn der Heidenmission, deren Verkündigung wohl nicht ohne Grund immer wieder auch auf die Tempelmetaphorik rekurriert. So kommt Paulus als uns bekanntester Vertreter der antiochenischen Theologie im 1. Korintherbrief gleich mehrfach auf die Tempelmetapher zu sprechen – etwa, wenn er mahnt:
Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wer den Tempel Gottes zerstört, den wird Gott zerstören. Denn Gottes Tempel ist heilig und der seid ihr.
Etwas später verwendet er diese Metapher abermals, um die Konsequenzen des Umgangs mit Prostituierten aufzuzeigen:
Oder wisst ihr nicht: Wer sich an eine Dirne bindet, ist ein Leib mit ihr? Denn es heißt: Die zwei werden ein Fleisch sein. Wer sich dagegen an den Herrn bindet, ist ein Geist mit ihm. Meidet die Unzucht! Jede Sünde, die der Mensch tut, bleibt außerhalb des Leibes. Wer aber Unzucht treibt, versündigt sich gegen den eigenen Leib. Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt? Ihr gehört nicht euch selbst; denn um einen teuren Preis seid ihr erkauft worden. Verherrlicht also Gott in eurem Leib!
Das ist nicht nur eine Mahnung. Es ist auch eine hohe Wertschätzung der Leiblichkeit – gerade auch der fleischlichen Leiblichkeit. Man darf als Christin und als Christ den eigenen Körper nicht geringschätzen – es ist ein Ort, in dem Gott Wohnsitz nimmt, eben ein Tempel des Heiligen. Der menschliche Leib ist ein Heiligtum. Das aber hat ethische Konsequenzen für den zwischenmenschlichen Umgang, denn auch die anderen sind Tempel des Heiligen. Daraus ergibt sich der ethische Impuls der Nächsten-, aber auch der Feindesliebe. Der Feind mag Feind bleiben. Zweifelsohne aber ist auch er ein Wohnsitz des Heiligen, der in ihm atmet und ihm somit Leben gibt.
Erbittet Frieden für Jerusalem! Geborgen seien, die dich lieben. Friede sei in deinen Mauern, Geborgenheit in deinen Häusern! Wegen meiner Brüder und meiner Freunde will ich sagen: In dir sei Friede. Wegen des Hauses des HERRN, unseres Gottes, will ich dir Glück erflehen. Psalm_122,6-9
Die Sehnsucht nach Begreifbarem
Die Erkenntnis, dass der Heilige in jedem Menschen selbst anwesend ist, hat schon im frühen Christentum dazu geführt, dass es keine Gebetsrichtungen mehr gibt. Anders als Juden, die sich bei den Gebeten zum Tempelberg wenden, und Muslimen, die sich gen Mekka verneigen, kennen Christen keinen Ort der Verehrung des Heiligen, ist er doch in ihnen selbst anwesend. Wer Gott begegnen möchte, braucht deshalb nur einen anderen Menschen anzuschauen, der selbst ja Wohnsitz Gottes ist – und zwar unabhängig von dessen eigenem religiösen Bekenntnis. Das ist gerade die Horizonterweiterung, die Petrus bei den Vorgängen um die Taufe des heidnischen Hauptmanns Kornelius erfahren muss (vgl. Apostelgeschichte 10).
Und trotzdem pilgern jährlich hunderttausende Christinnen und Christen zu den Stätten der heiligen Ereignisse in der Heiligen Stadt. Trotzdem wurde ganze Kreuzzüge veranstaltet, um die Heiligen Stätten zu „befreien“ – um den Preis der Vernichtung zahlloser Tempel des Heiligen Geistes. Fast möchte man die zahllosen christlichen Pilger, die wohl hoffen, in der Heiligen Stadt dem Heiligen näher als anderswo zu sein, jene Frage stellen, die Jesus den Jüngern des Johannes stellt:
Was habt ihr denn sehen wollen, als ihr in die Wüste hinausgegangen seid? Ein Schilfrohr, das im Wind schwankt? Oder was habt ihr sehen wollen, als ihr hinausgegangen seid? Einen Mann in feiner Kleidung? Siehe, die fein gekleidet sind, findet man in den Palästen der Könige. Oder wozu seid ihr hinausgegangen? Um einen Propheten zu sehen? Ja, ich sage euch: sogar mehr als einen Propheten. Dieser ist es, von dem geschrieben steht: Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg vor dir bahnen wird. Amen, ich sage euch: Unter den von einer Frau Geborenen ist kein Größerer aufgetreten als Johannes der Täufer; doch der Kleinste im Himmelreich ist größer als er. Seit den Tagen Johannes’ des Täufers bis heute wird dem Himmelreich Gewalt angetan und Gewalttätige reißen es an sich. Denn alle Propheten und das Gesetz bis zu Johannes haben prophetisch geredet. Und wenn ihr es annehmen wollt: Er ist Elija, der wiederkommen soll. Wer Ohren hat, der höre!
Ort der Entscheidung
Zweifelsohne aber spielt Jerusalem im Leben Jesu selbst eine zentrale Rolle – und das nicht nur, weil es der Ort seiner Kreuzigung und seiner Auferstehung ist. Er selbst weiß um die Bedeutung der Stadt, die schon für viele vor ihm zu einem Ort der Entscheidung wurde. Nicht ohne Grund enden die matthäischen Wehereden gegen die Pharisäer mit einer Klage über Jerusalem:
Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Propheten und steinigst die Boten, die zu dir gesandt sind. Wie oft wollte ich deine Kinder sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt; aber ihr habt nicht gewollt. Siehe, euer Haus wird euch öde gelassen. Und ich sage euch: Von jetzt an werdet ihr mich nicht mehr sehen, bis ihr ruft: Gepriesen sei er, der kommt im Namen des Herrn!
Das Schicksal eines Propheten kann aus dieser Sicht nur in Jerusalem vollendet werden – und es wird kein einfaches Schicksal sein. Jesus wusste als, was seine Entscheidung, nach Jerusalem zu gehen bedeutet, wie die kurze Replik bei Lukas zeigt:
Der Menschensohn muss vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohepriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er muss getötet und am dritten Tage auferweckt werden.
Gerade deshalb ist die Entscheidung, von Galiläa nach Jerusalem zu gehen, fundamental; im Lukasevangelium wird sie sogar zum zentralen Wendepunkt der Jesusbewegung:
Als sich die Tage erfüllten, dass er hinweggenommen werden sollte, fasste Jesus den festen Entschluss, nach Jerusalem zu gehen.
Die Heilige Stadt ist und war und wird der Ort sein, wo sich das Schicksal des Heiligen entscheidet …
Ein Ort der Tränen
Der Heilige aber weint angesichts des Leides, dass die vielen heiligen Krieger über die Stadt und die Menschen in aller Welt gebracht haben, bringen und wohl immer wieder bringen werden. Als Jesus sich der Stadt nähert, überkommt ihn der schaudernde Schauer des Heiligen:
Als er näher kam und die Stadt sah, weinte er über sie und sagte: Wenn doch auch du an diesem Tag erkannt hättest, was Frieden bringt. Jetzt aber ist es vor deinen Augen verborgen. Denn es werden Tage über dich kommen, in denen deine Feinde rings um dich einen Wall aufwerfen, dich einschließen und von allen Seiten bedrängen. Sie werden dich und deine Kinder zerschmettern und keinen Stein in dir auf dem andern lassen, weil du die Zeit deiner Heimsuchung nicht erkannt hast.
Jerusalem ist immer ein Ort der Tränen und des Leids gewesen. Gerade in den Tagen des Frühjahrs 2021 wird die Welt wieder zum Zeugen gemacht, für das große Missverständnis, Menschen könnten sich des Heiligen bemächtigen. Wo das Heilige in Besitz genommen werden soll, bringen die Besitzergreifenden zu allen Zeiten nur Tod und Verderben. Als Lukas diese Verse schreibt, liegt Jerusalem in Schutt und Asche. Der Tempel ist zerstört, die heiligen Dinge wurden von den Römern erbeutet, vernichtet oder nach Rom gebracht. Im Jahr 70 n.Chr. hört der Tempel auf zu existieren. Die Sehnsucht nach dem Heiligen und der Heiligen Stadt aber blieb. Selbst für die frühen Christen, die doch wissen müssten, dass ihre Heimat im Himmel ist, muss das Erleben oder die Nachricht von der Zerstörung Jerusalems durch drei römische Legionen – die macedonische (Legio V), die fretensische (Legio X) und die apollinarische (Legio XV) – traumatisch gewesen sein. Echos dieses Traumas hallen heute noch in den Texten des Neuen Testamentes nach, die nach der Zerstörung Jerusalems verfasst wurden. Erwähnt sei hier nicht nur die sarkastische Schilderung der Heilung des Besessenen von Gerasa (vgl. Mk 5,1-20 parr), dessen Dämonen nicht nur Legion heißen, sondern auch in eine Schweineherde fahren. Das Wappentier der fretensischen Legion war ein Eber – und der Besessene von Gerasa wohl ein Kollaborateur, der mit den römischen Besatzern zusammenarbeitete. Vor allem die Offenbarung des Johannes kann auch als Bewältigung des Traumas der Zerstörung Jerusalems gelesen werden.
Die auf den HERRN vertraun, sind wie der Zionsberg: Niemals wankt er, er bleibt in Ewigkeit. Wie Berge Jerusalem rings umgeben, so ist der HERR um sein Volk von nun an bis in Ewigkeit. Nicht soll das Zepter des Frevels lasten auf dem Erbland der Gerechten, damit nicht auch die Gerechten ihre Hände ausstrecken nach dem Unrecht. Tu doch Gutes, HERR, den Guten, denen, die redlichen Herzens sind! Doch die abbiegen auf ihre krummen Wege, die lasse der HERR samt denen, die Unrecht tun, dahingehn. Friede über Israel! Psalm_125
Sehnsuchtsort Jerusalem
In einer großen Schlussvision entfaltet der Seher Johannes das Bild eines neuen Jerusalem, das nicht bloß restituiert wird; das neue Jerusalem ist von völlig anderer Art. Es ist eine wahrhaft himmlische Stadt:
Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, auch das Meer ist nicht mehr. Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen; sie war bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat. a hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen und sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei ihnen sein. Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen. Er, der auf dem Thron saß, sprach: Seht, ich mache alles neu.
Erstaunlich ist die Betonung, dass das neue vom Himmel herabkommende Jerusalem die Wohnung Gottes unter (!) den Menschen ist. Das entspricht eigentlich der antiochenischen Erkenntnis, dass Gott in seinem Geist längst im Menschen wohnt – eine Einsicht, die, streng genommen, wieder auf die Ursprünge der hebräischen Bibel rekurriert: Auch der Pentateuch kommt ohne Jerusalem aus, sondern setzt die Zusage, dass Gott inmittein seines Volkes wohnt; ein Gedanke, der immer wieder auch in den Propheten entfaltet wird. Die, die das erkennen, bilden sein Volk. Das ist neu – und es ist jetzt schon Wirklichkeit. Jedenfalls könnte das längst Wirklichkeit sein, wenn der Mensch sich auf das Wort Gottes besinnen würde. Der Ruf aber, wer Ohren hat, der möge auch hören, verhallt seit Jahrhunderten …
Jerusalem bleibt so ein Sehnsuchtsort. Der Mensch kann vielleicht nicht anders – er muss begreifen. Wer aber nach dem Heiligen greift, wird es verlieren. Der Heilige lässt sich nicht festhalten, der Ewige nicht dingfest machen. Die Mahnung des Auferstandenen an Maria lautet nicht umsonst:
Halte mich nicht fest.
Den Heiligen wird man auch nicht bei den Toten finden – im Gegenteil: Heiligkeit ist Leben. Nicht ohne Grund fragen die Botschafter im leergewordenen Grab die zweifelnden Frauen geradezu tadelnd:
Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?
Und Jerusalem?
Wo also der Tod gebracht wird, ist das Heilige längst geflohen. Wer sich des Heiligen bemächtigen will, wird es verlieren. Und Jerusalem?
Es ist schwierig, für einen Neutestamentler aus Deutschland gute Ratschläge in den Nahen Osten zu geben. Allzu viel Blut haben auch Christen über die Heilige Stadt gebracht. Allzu viel Blut ist auch jetzt wieder vergossen worden. Vielleicht hilft nur eines: Jerusalem ist als Heilige Stadt nicht nur der Nabel der Welt, sondern auch der Knotenpunkt zum Himmel. Kann eine solche Stadt, in der Gott selbst den Schemel seiner Füße aufstellt, überhaupt die politische Hauptstadt von Menschen sein? Ist der Zion nicht jener Berg, zu dem die Völker aller Herren Länder strömen werden, um den einen Gott zu verehren (vgl. Jesaja 2,2-4; Micha 4,1-4)? Ist es dann nicht allein Gott, der Gerechtigkeit schaffen wird?
Vielleicht sollte Jerusalem niemandes Hauptstadt sein, um endlich ihrem Namen gerecht zu werden: Die heilige Stadt, die Stadt des Heiligen, die Stadt des Heiles. Aber was begreifen wir Menschen schon von diesem Gott, der sich immer wieder wehren muss, von selbsternannten Gotteseiferern verteidigt zu werden. Die einen rufen „Deus lo vult“ (Gott will es), die anderen Alahu akhbar (Gott ist größer), dabei ist er einfach der „Ich bin da“ – unscheinbar und unsichtbar, aber mächtig rettend, wie der 1. Petrusbrief weiß:
Ihn habt ihr nicht gesehen und dennoch liebt ihr ihn; ihr seht ihn auch jetzt nicht; aber ihr glaubt an ihn und jubelt in unaussprechlicher und von Herrlichkeit erfüllter Freude, da ihr das Ziel eures Glaubens empfangen werdet: euer Heil.
Was werdet ihr in Händen halten, wenn Gott von Euch Rechenschaft über die Verteidigung des Heiligen fordert? Waffen und Raketen? Oder die Worte der vielen, denen ihr im Namen Gottes ein Leben in Fülle ermöglicht habt, so gut es eben ging … Entscheidet euch. Jetzt. Um des Heiligen willen. Es geht nämlich um nicht weniger als euer Heil …
Bildnachweis
Titelbild: Jerusalem mit Olivenzweigen (Kevin_Snyman) – Quelle: pixabay – lizenziert als mit der Pixabay License.
Einzelnachweis
1. | ↑ | Vgl. Quran, Sure 17,1: „Gepriesen sei der, der mit seinem Diener (d.h. Mohammed) bei Nach von der heiligen Kultstätte (in Mekka) nach der fernen Kultstätte (in Jerusalem), deren Umgebung wir gesegnet haben, reiste, um ihn etwas von unseren Zeichen sehen zu lassen! Er (d.h. Gott) ist der, der (alles) hör und sieht.“ (Übersetzung nach Rudi Paret). |
2. | ↑ | Vgl. hierzu etwa Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, Der Nahostkonflikt – Quelle: https://www.lpb-bw.de/nahostkonflikt [Stand: 23. Mai 2021] oder Neue Zürcher Zeitung, Nahostkonflikt: Uno-Sicherheitsrat will Soforthilfe für Gaza, Tempelberg in Jerusalem nach Waffenruhe wieder für Juden geöffnet, Aktueller Ticker der NZZ-Redaktion – https://www.nzz.ch/international/nahostkonflikt-ld.1624595 [Stand: 23. Mai 2021]. |