Es braucht männliche Vorbilder für die Kirche! – daher gilt es Papst Franziskus zu danken, dass er ein Jahr des Heiligen Josefs ausgerufen hat. „Dieser unauffällige Mann, dieser Mensch der täglichen, diskreten und verborgenen Gegenwart“, wie Papst Franziskus ihn beschreibt, lehrt uns, dass ein angehender Patriarch durch annehmende Liebe dienend in den Hintergrund tritt. Er ist der Diener der Magd Gottes – und kein Protagonist der Heilsgeschichte.
Der Schutzpatron der Katholischen Kirche, der der Heilige Josef seit 1870 ist, war „gerecht“: Er wollte sich von seiner Verlobten Maria, die nicht von ihm schwanger war, lieber heimlich trennen – da ihr in der Theorie des alttestamentlichen Gesetzes, ansonsten die Steinigung drohte.
Wenn ein unberührtes Mädchen mit einem Mann verlobt ist und ein anderer Mann ihr in der Stadt begegnet und sich mit ihr hinlegt, dann sollt ihr beide zum Tor dieser Stadt führen. Ihr sollt sie steinigen und sie sollen sterben, …
Josef wusste gemäß der Darstellung des Evangelisten Matthäus nicht, wie Maria schwanger geworden war. Aber dem sichtbaren Bruch mit dem Gesetz begegnete er mit Milde und Freundlichkeit. Man könnte ihn gar überhöhen und sagen, er stelle das Liebesgebot allem anderen gegenüber – doch bei einer solchen Leseart würde man unterschlagen, dass Josef eben nicht von allein die Rolle des Ziehvaters angenommen hat, sondern Maria verstoßen wollte. Er wollte sie in ihrer „Schande“ alleine lassen und so sein Gesicht wahren. Ein Leben als Schwangere ohne Ehemann, als Alleinerziehende innerhalb patriarchaler Strukturen – das waren damals keine rosigen Aussichten.
Gott jedoch erteilt Josef und somit auch der Kirche eine Lektion.
Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen. Während er noch darüber nachdachte, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist.
Josef soll Jesus als seinen Sohn annehmen und aufziehen. Er soll der Ehemann Mariens werden und so Maria vor der öffentlichen Schande bewahren. Er soll fest an ihrer Seite stehen. Dass Jesus der Sohn Gottes ist, ist zu diesem Zeitpunkt das intime Wissen Marias und Josefs. Öffentlich bekannt ist nur, dass Maria schon vor der offiziellen Eheschließung schwanger wurde. Diesen Makel in der Welt der gesellschaftlichen Konventionen nimmt Josef aufgrund des Gotteswortes auf sich. Nun übernimmt er Verantwortung im Hintergrund der Heilsgeschichte. Er stärkt die Position Mariens, indem er sein Ansehen beschmutzt.
Bildnachweis
Titelbild: unbekannter Künstler, Titel: Birth of Jesus.
Danke für Ihre wertvollen Ausführungen, Dr. Steiner, die ich weitgehend teile.
Insbesondere auch die Darlegungen, was eine Entlassung der schwangeren Maria seitens ihres Verlobten Josef für sie und ihr Kind in der damaligen Gesellschaft bedeutet hätte:
Diskriminiert und gar bedroht als ledige Frau und Mutter eines unehelichen Kindes weiter leben zu müssen.
Gott hat aber sowohl mit ihr selbst als auch mit ihrem Verlobten Josef Erbarmen:
Ihm sendet Er im Traum einen Engel, der ihn über die göttliche Herkunft des Kindes Mariens aufklärt.
Das muss so eindrucksvoll gewesen sein, dass Josef dieser Erscheinung auch glaubt und sie nicht etwa für eine trughafte Einbildung o. ä. hält und Maria als seine Frau zu sich nimmt.
Aber auch Josef gegenüber ist Gott barmherzig:
Wäre die Geburt Jesu in Nazareth erfolgt, hätte(n) Josef (und Maria) in der Tat mit einem öffentlichen Makel im sozialen Umfeld leben müssen: Dass offensichtlich noch vor der Eheschließung der beiden die Zeugung Jesu erfolgt sei.
Durch das exakt zur rechten Zeit erfolgte Gebot der Volkszählung und dadurch bedingtem Weggang der beiden von Nazareth nach Bethlehem und dortiger quasi “anonymer Geburt” weitab vom sozialen Umfeld bewahrt Gott sie vor dieser scheinbaren Bloßstellung, zumal sie ja lt. Matthäus noch für Jahre nach Ägypten fliehen müssen wg. der Nachstellungen Herodes gegen die neugeborenen Knaben in Bethlehem.
Sie kehren erst nach Jahren nach Herodes Tod nach Nazareth zurück und können dort gesellschaftlich unangefochten und unauffällig, ja sogar geachtet, leben.
All dieses dürfte auch für Josef und seine kleine Familie so sehr gut gewesen sein.