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Ecclesiastica·Oeconomia

Seelsorger und das Vermögen Alttestamentliche Überlegungen im Angesicht der Finanzskandale


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Der Blick in den Prüfbericht des Bistums Eichstätt ist aufschlussreich. Darin wird Bischof Maria Gregor Hanke attestiert, dass er aufgrund seiner „monastischen Prägung“ nicht in der Lage gewesen sei, „das System Eichstätt“, das unter seinem Vorgänger entstanden war, „zu erfassen“.1) Monsignore Winfried Schumacher, der im Zentrum eines anderen Finanzskandals steht, verteidigt sich unter anderem mit seinem seelsorgerlichen Auftrag: „Die kaufmännische Arbeit stand nicht im Mittelpunkt meiner Arbeit.“2) In der katholischen Kirche sind Priester eben vieles, aber sie sind meistens nicht ausgebildet, um materielles Vermögen zu verwalten. Das ist keine Entschuldigung für die Finanzskandale – sondern eine Lehre aus ihnen! Warum liegt überhaupt bei dem herrschenden Priestermangel, die Vermögensverwaltung und -aufsicht bei Klerikern?

Die Lehre

Mose, dem Gottesmann und Propheten, wurde durch einen Nicht-Israeliten eine wichtige Lektion erteilt, die auch heute in den Zeiten der kirchlichen Finanzskandale gilt.

Entlaste dich und lass sie mittragen! Exodus 18,22

Verantwortung muss auf viele Schultern verteilt werden, damit ein System funktioniert. Die Zentrierung von Macht bündelt die Autorität, aber beschränkt ihren Nutzen. Als der Anführer Israels sich hinsetzte, um dem Volk Recht zu sprechen, fragte ihn sein Schwiegervater Jitro:

Was soll das, was du da für das Volk tust? Exodus 18,14

Als der von Gott Berufene bündelt Mose in sich allein die Macht, in Rechtsstreitigkeiten zwischen den Israeliten zu entscheiden und das Gesetz Gottes auszulegen. Aber die Folge ist eine unnötige doppelseitige Belastung:

Die Leute mussten vor Mose vom Morgen bis zum Abend anstehen. Exodus 18,13

Der Blick von außen auf dieses System fällt niederschmetternd aus:

Es ist nicht gut, wie du das machst. So richtest du dich selbst zugrunde und auch das Volk, das bei dir ist. Exodus 18,17

Der Ratschlag Jitros mindert weder die Autorität Mose, noch mindert er den Zugang des Volkes zu einer gerechten Rechtsprechung.

Vertritt du das Volk vor Gott! Bring ihre Angelegenheiten vor ihn, unterrichte sie in den Gesetzen und Weisungen und mach sie mit dem Weg bekannt, auf dem sie gehen, und mit dem Tun, nach dem sie handeln sollen! Du aber sieh dich im ganzen Volk nach tüchtigen, gottesfürchtigen und zuverlässigen Männern um, die Bestechung ablehnen. Gib dem Volk Vorsteher für je tausend, hundert, fünfzig und zehn! Sie sollen dem Volk jederzeit als Richter zur Verfügung stehen. Alle wichtigen Fälle sollen sie vor dich bringen, die leichteren sollen sie selber entscheiden. Exodus 18,19-22

Die oberste Autorität verbleibt bei Mose, aber es wird eine Hierarchie der Wichtigkeiten erstellt. Bedarf es in jeder Frage eines Gottesmannes und Propheten? Nein. Es bedarf tüchtige, gottesfürchtige und zuverlässige Verantwortungsträger, die nicht korrupt sind. So kann Mose wieder der Anführer sein, zu dem er berufen ist.

Und jetzt?

Mose wurde nicht berufen, um Nachbarschaftsstreitigkeiten zu entscheiden. So sind auch Seelsorger nicht dazu berufen, Vermögensverwalter zu sein. Sie „verwalten“ ein viel höheres Gut – und damit sie das tun können, bedarf es tugendvolle, von ihnen berufene Helfer, die zwar der klerikalen Autorität unterstehen, aber eben im Lichte der Gottesfurcht – und wenn es nötig ist, sich auch gegen diese menschliche Autorität stellen. Mose erkannte dies erst, als ihn Jitro darauf hinwies.

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Bildnachweis

Titelbild: Klingebeutel, fotografiert von GFreihalter – Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Einzelnachweis   [ + ]

1. “Fehlende Akten, keine Kontrolle”, Marco Schneider, Eichstätter Kurier, 8. Februar 2019 – Das „System Eichstätt“ wird deutlich an einem beispielhaften Detail. Erst 2004 wurde der seit 1983 vorgeschrieben Vermögensverwaltungsrat errichtet und dieser wurde zudem regelwidrig besetzt. Neben führenden, zum System gehörenden Domherrn war darin nur ein Laie vertreten, der hat eigenen Angaben zufolge „nichts mit Geld“ am Hut: „Sachverstand und erforderliche Fachkenntnis waren damit … nicht vorhanden,“ heißt es in dem Prüfbericht.
2. “Ex-Stadtdechant Schumacher widerspricht Erzbistum”, Rüdiger Franz, General-Anzeiger Bonn, 08. Februar 2019.
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