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In Israel, dem demokratischen und jüdischen Staat, sind seit diesem Sonntag wieder öffentliche Gebete erlaubt. Bis zu 19 Personen dürfen sich in der Freiluft zum Gottesdienst versammeln – wenn zwischen den Gläubigen je zwei Meter Abstand eingehalten wird und alle Atemmasken tragen. Wir leben in komischen Zeiten – in denen selbst das gemeinsame Gebet eine Gefahr sein kann. Nun erklingt in aller Öffentlichkeit wieder das unablässige Psalmengebet.
HERR, sei mir gnädig! Heile mich, denn ich habe gegen dich gesündigt!
In vielen Psalmen findet der Glaube Ausdruck, dass der Mensch das Urteil Gottes gegen ihn am Leib erfährt – dass seine Sünden ihm in die Schmerzen eingeschrieben sind.
Nichts blieb gesund an meinem Fleisch, weil du mir grollst; weil ich gesündigt, blieb an meinen Gliedern nichts heil.
Heilung, ja, Glückseligkeit verheißt scheinbar nur das Sündenbekenntnis. Dies ist kein Urteil Dritter! Kein Freund, kein Feind und kein Seelsorger thematisiert in den Psalmen die Verbindung zwischen einer Krankheit und dem Zorn Gottes. Wenn es eine psychosomatische Verbindung geben sollte, so wird sie zumindest in den Psalmen im Gespräch des Kranken mit Gott thematisiert – nicht von anderen. Diese Dimension einer Krankheit ist persönlich – kein Dritter kann sie einsehen.
Selig der Mensch, dem der HERR die Schuld nicht zur Last legt und in dessen Geist keine Falschheit ist. Solang ich es verschwieg, zerfiel mein Gebein, den ganzen Tag musste ich stöhnen.
Doch der Coronavirus SARS-CoV-2 ist so ganz unpersönlich – wie eine eiskalte Sense, die durch die Menschheit mäht. Die Krankheitsgeschichte und das Alter bestimmen das Risiko. „Womit habe ich das verdient?“ – diese Frage bleibt unbeantwortet. Wie bei so vielen anderen Krankheiten gibt es keine Erklärung für den Grund des Leids. Die Frage „Warum?“ ist größer als das Leben, in dem einem nur das Rufen, Warten und Schreien nach einer Antwort Gottes bleibt, während man auf die moderne Medizin hofft.
Das Evangelium nach Johannes verheißt den Gläubigen in der Wiederkunft Jesu alle Antworten. Als Christen leben wir nach Christi Himmelfahrt in dieser Erwartung, die Jesus im Evangelium uns zuspricht:
… ich werde euch wiedersehen; dann wird euer Herz sich freuen und niemand nimmt euch eure Freude. An jenem Tag werdet ihr mich nichts mehr fragen.
Dieser Glaube lehrt uns ein trotziges „aber“, das – ebenso wie der widersinnige Verbund von Krankheit und Sünde – in den Psalmen grundgelegt ist. In fast jeder Klage findet sich eine hoffende Erwartung und Zuversicht auf Rettung.
Doch auf dich, HERR, habe ich geharrt; du bist es, der mir antwortet, Herr, du mein Gott.
Ein solches Gebet ist keine Frömmigkeitsübung. Es ist auch keine Annahme des Leids. Sondern es ist ein Gott herausforderndes Leben Coram Deo – in der Gegenwart Gottes. In den Worten von Psalm 44,25:
Warum verbirgst du dein Angesicht, vergisst unser Elend und unsere Bedrückung?
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Titelbild: Sick man with medical mask praying bus, fotografiert von Designed by Freepik
Danke!