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Palim, Palim! Das Glöckchen erregt Aufmerksamkeit – das aber in völlig unterschiedlicher Weise. Während das Glöckchen im altehrwürdigen Lädchen um die Ecke dazu führte, dass Tante Emma oder Onkel Heinz eilfertig und dienstbeflissen hinter der Theke auftauchten, um selbst die Kleinsten noch zuvorkommend zu bedienen, kündet die große Glocke am Kirchturm eher Erwartungshaltungen auf Seiten derer an, die mit den Lippen zwar davon sprechen, einen Dienst auszuüben und doch von denen, denen sie zu dienen vorgeben, ein gehorsames Goutieren ihrer Dienstleistung durch meist schweigsame Folgsamkeit anmahnen. Bleibt die erwartete Reaktion der so Bedienten aus, ist der Ruf nach einer „Kurskorrektur“ so eilfertig zur Hand, wie beim Metzger um die Ecke die Frage, ob es noch etwas mehr sein darf, nachdem die Kinder ihre Gratis-Mortadella bekommen haben (einfach so, umsonst und ohne Hintergedanken).
Dürfen müssen
Den Menschen zu dienen ist nicht nur, aber auch in der Kirche eine Herrschaftsfloskel geworden, die oft durch das Wörtchen „dürfen“ zusätzlich verschleiert wird. Priester und auch Bischöfe sprechen neuerdings oft davon, dass hier und da mit den Kommunionkindern, Firmbewerbern, Alten, der Gemeinde oder wem auch immer eine Heilige Messe feiern „durften“ – als wenn sie die gottesdienstfeiernde Gemeinde je um Erlaubnis gefragt hätten. Das leicht durchschaubare Understatement soll wohl eine Demut vorgeben, die dem klerikalen Bewusstsein eher abhold ist. Tatsächlich hat man doch einfach eine Messe gefeiert – und zwar im Indikativ. Die Wortwahl des „Dürfens“ hingegen schafft einen kommunikativen Double-Bind, ein sprachliches Paradoxon, aus dem sich die so angesprochenen Kommunikationspartner nur schwer befreien können: Ist der Priester per Definition der Vorsteher der Eucharistiefeier, bei der er Christus als das Haupt der Kirche repräsentiert, und hat er als solcher eine in sich herausgehobene Rolle, öffnet das „Dürfen“ einen kommunikativen Horizont, in dem sich die Gemeinde nur dankbar verlieren kann. Entweder nämlich richtet sich das „Dürfen“ mit gespielter Dankbarkeit an die Gemeinde, die in der Regel aber gar nicht gefragt wurde, ob sie den Priester zelebrieren lassen möchte – oder aber das „Dürfen“ hat Gott als Auftraggeber im Sinn, weshalb die Gemeinde zu umso größerem Dank verpflichtet ist, dass Gottes Gnade es ermöglicht hat, den Priester hier und heute zelebrieren zu lassen. Dass sich die Feier der Eucharistie hier und heute in der Regel aus der schnöden Existenz eines Dienstplanes ableiten lässt, bleibt dabei in der Regel unerwähnt.
Fringsen damals und heute
Dieser Double-Bind steckt auch hinter jener Kurskorrektur, die der ehemalige Münsteraner Pfarrer Thomas Frings, der nach einem monastischen Intermezzo in den Niederlanden heute als Pfarrvikar in der Kölner Innenstadt wirkt, am 14. Februar 2016 in einem Facebook-Posting veröffentlichte1). Das Posting ist wohl auch unter dem Eindruck entstanden, dass das eigene Wirken trotz – und dafür steht Thomas Frings sicher auch – phantasievoller Konzepte wie einer Wimmelkrippe aus Playmobilfiguren, einer riesigen Kirchturmaufschrift „Ich bin da“2) oder dem Kirchenkunstprojekt „Hinter jedem Stuhl steht ein Mensch“3) oft nicht zu einem gewünschten Erfolg führt (auch wenn unklar bleibt, ob der Erfolg sich in gesteigerten Gottesdienstbesucherzahlen, einer höheren Taufquote oder einem verstärkten ehrenamtlichen Engagement zeigen soll). De facto wird auch hier deutlich, dass der Diener einen Lohn erwartet – und sei es die nötige Anerkennung. „Fringsen“ – jener rheinische Begriff, der charmant auf den berühmten Großonkel Thomas Frings‘ rekurriert, den früheren Kölner Erzbischof Joseph Kardinal Frings, der angesichts großer Not den Kölner „erlaubte“, Kohlen von Güterzügen zu stehlen – hat damit eine neue Bedeutung erhalten. Dort der Ermöglicher und moralische Legitimierer, hier der Erwartende, der seinen Dienst dann doch irgendwie belohnt sehen möchte. Dort der, der „Geh hin, Kirche!“ mit Komma schreibt und die Kirche zu den Menschen schickt, hier derjenige, der aus dem Komma eine Partikel macht: „Geh hin (zur) Kirche!“. Sagte Jesus aber nicht:
Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe! Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.
Und das gilt für den Dienst der Verkündigung. Der „Lohn“ für diese Arbeit ist aber wenig ideeller, sondern höchst materialistischer Natur:
Steckt nicht Gold, Silber und Kupfermünzen in euren Gürtel! Nehmt keine Vorratstasche mit auf den Weg, kein zweites Hemd, keine Schuhe, keinen Wanderstab; denn wer arbeitet, ist seines Lohnes wert.
Kundenbringer
Wo die Einheitsübersetzung 2016 mit „Lohn“ übersetzt, findet sich im Urtext das Wort τροφή (gesprochen: trophé), das im Wortsinn „Nahrung“ meint. Hier wird deutlich, dass es eben nicht um eine ideelle Anerkennung geht, sondern um das, was wirklich zum Leben nötig ist: Wer arbeitet, muss halt auch essen! – nicht mehr und nicht weniger. Hieraus resultiert dann wohl auch die Weisung Jesu:
Wenn ihr in eine Stadt oder in ein Dorf kommt, erkundigt euch, wer es wert ist, euch aufzunehmen; bei ihm bleibt, bis ihr den Ort wieder verlasst.
Auch hier lohnt es sich wieder, die Einheitsübersetzung 2016 genau unter die Lupe zu nehmen. Das „erkundigen“ gibt hier das griechische Verb ἐξετάζειν (gesprochen: exetázein) wieder, das wörtlich „untersuchen, erforschen, ausforschen, ausfragen“ bedeutet. Trotzdem ist die Übersetzung „erkundigen“ höchst angemessen, denn sie beinhaltet das Wort „Kunde“. „Kunde“ freilich ist in der deutschen Sprache ein Begriff mit hoher Bedeutungsvielfalt. In der femininen Form beschreibt er eine Botschaft, die überbracht wird; maskulin determiniert er eine Person, die bedient wird – sei es als jemand, der eine Dienstleistung erhält oder einen Einkauf tätigt. Beide Bedeutungen rekurrieren allerdings auf einen gemeinsamen Kern, leitet sich das Wort „Kunde“ doch vom Althochdeutschen „Chundo“ ab, das soviel wie „Bekannter, Einheimischer“ bedeutet, also einer, der nachfragt oder Nachrichten überbringt4). Anders als in den englischsprachigen Äquivalenten „customer“ oder „client“, die einen deutlich ebenso merkantilen wie kommunikativ-komplementären Beiklang haben, hebt das deutsche Wort „Kunde“ auf Ebenbürtigkeit ab. Der, der den Kunden empfängt, um eine Kunde zu erhalten, schaut tunlichst nicht auf ihn herab. Der Kunde ist eben nicht umsonst König – sonst wird das nichts mit der Kundschaft und den anderen Neuigkeiten, die man braucht, um erfolgreich sein zu können.
Mission impossible
Vom Dienst ist eilfertig die Rede in vielen Kreisen der Kirche. Vom „dürfen“ auch. Erwähnt man aber in Kirchenkreisen das Wort „Kunde“, löst das in der Regel wunderbare Diskussionen aus. Wie kommt man auch dazu, die, die zur Kirche kommen, als „Kunden“ zu bezeichnen. Das könnte ja dazu führen, dass die etwas von der Kirche erwarten. Wo kommt man denn da hin, wenn die Diener der Kirche Dienstleistungen zu erbringen hätten, als wenn es um Konsum ginge? Diese weltlich-merkantile Sprechweise muss man doch wohl entschieden zurückweisen. Aber halt: Wird nicht tatsächlich terminologisch korrekt davon gesprochen, dass die Eucharistie konsumiert wird? Egal: die Leute sollen erst einmal zeigen, dass sie es verdient haben und würdig sind, in den Genuss des kirchlichen Dienstes zu kommen? Kirche und Service – das klingt doch alles zu sehr nach Servicekirche – überhaupt viel zu englisch, und das, obwohl „Service“ auf englisch nicht ohne Grund den „Gottesdienst“ bezeichnet, aber auch den Dienst am Nächsten. Dem englischen „Service“ wohnt damit jene Vielschichtigkeit inne, wie dem deutschen Wort „Kunde“ – sollte es da etwa Verwandtschaften geben?
Bevor man aber die eigene Haltung hinterfragt, ob „Geh-hin-Kirche“ nicht doch weniger ein Logion für Gremiensitzungen als mehr eine Aufforderung für die Praxis ist und das mit dem Dienst nicht doch unmittelbarere Konkretionen mit sich bringt, die man nicht zu Steigerung der eigenen Eitelkeiten nutzen kann – und wahrlich: es gibt genügend, die in der Demut eitel sind! –, weist man die kirchliche Kundenrede flugs mit dem Hinweis in die Schranken, dann wäre die Kirche ja auch nicht anders als ein beliebiger Mobilfunkanbieter. Dumm nur, dass die Mobilfunkanbieter all das beherrschen, von dem Kirchentwickler und Pastoralstrateginnen nur trocken zu träumen wagen: nachhaltige Kundenbindung, Erreichbarkeit um die Uhr, niederschwellige Kommunikation, Servicestellen vor Ort und ein Angebot, das auf eine relevante Nachfrage trifft. Ist die Rede vom Kunden wirklich so irreführend? Oder ist es nicht die Haltung vieler derer, die glauben zu wissen, was die Kirche ist? Haltungen zu ändern aber ist eine der größten Herausforderungen, der sich der Mensch ausgesetzt sieht. Soll sich doch der andere ändern. Ich will so bleiben wie ich bin!
Was gehört in die Mitte? Die Kirche oder der Mensch? Wer im Mittelpunkt steht, steht auf jeden Fall im Weg.
Kundschaften
Palim, Palim – das Glöckchen läutet. Und es löst bei den Kundigen Assoziationen aus. Das Nudging wirkt sicher auch in diesem Text. Sie, liebe Leserinnen und Leser, mögen es mir verzeihen, ist es doch derselbe Effekt, der eintritt, wenn Kirchenentwicklerinnen und Pastoralstrategen in diesen Tagen von Kundschaftern sprechen, die die Kirche so dringend braucht. Wenn Sie zu denen gehören, die einigermaßen nahe am warmen Herdfeuer der Altäre sitzen, wissen Sie sicher schon was kommt – richtig: die zwölf Kundschafter, die Mose weiland zur Erkundung des verheißenen Landes aussandte (vgl. Numeri 13):
Zieht von hier durch den Negeb hinauf und zieht hinauf ins Gebirge! Seht, wie das Land beschaffen ist und ob das Volk, das darin wohnt, stark oder schwach ist, ob es klein oder groß ist; seht, wie das Land beschaffen ist, in dem das Volk wohnt, ob es gut ist oder schlecht, und wie die Städte angelegt sind, in denen es wohnt, ob sie offen oder befestigt sind und ob das Land fett oder mager ist, ob es dort Bäume gibt oder nicht. Habt Mut und bringt Früchte des Landes mit!
Die Kundschafter machen sich auf den Weg – und sie bringen große Beweise der Fruchtbarkeit des Landes mit. Das wäre schon das erste, was man all denen sagen müsste, die das Ideal der Kundschafter beschwören: Es braucht manifeste Beweise, dass in den auszukundschaftenden Landen auch Nennenswertes zu holen ist. Die Kundschafterei in sich hat ja keinen Selbstzweck. Sie folgt einem vernünftigen Plan. Alles andere ist zutiefst naiv. Mose fordert seine Kundschafter auf, Früchte des Landes mitzubringen, weil er es weiß:
Es war gerade die Zeit der ersten Trauben.
Und so kommen die Kundschafter mit guten Botschaften und harten Beweisen von ihrer Pionierfahrt zurück:
Wir kamen in das Land, in das du uns geschickt hast: Es ist wirklich ein Land, in dem Milch und Honig fließen. Das hier sind seine Früchte. Doch das Volk, das im Land wohnt, ist stark und die Städte sind befestigt und sehr groß. Auch haben wir die Söhne des Anak dort gesehen. Amalek wohnt im Gebiet des Negeb, die Hetiter, die Jebusiter und Amoriter wohnen im Gebirge und die Kanaaniter wohnen am Meer und am Ufer des Jordan. Kaleb besänftigte das Volk, das über Mose aufgebracht war, und sagte: Wir werden hinaufziehen und das Land in Besitz nehmen. Wir können es bezwingen.
Da scheint also, so die Kundigen, doch einiges zu holen zu sein. Nur ein wenig Defätismus aber genügt, um eine Kurskorrektur zu erzwingen, und sich zurückzuziehen:
Die Männer aber, die mit ihm hinaufgezogen waren, sagten: Nein, wir können nicht zu dem Volk hinaufziehen; es ist stärker als wir. Und sie verbreiteten bei den Israeliten ein Gerücht über das Land, das sie erkundet hatten, und sagten: Das Land, das wir durchwandert und erkundet haben, ist ein Land, das seine Bewohner auffrisst; das ganze Volk, das wir in seiner Mitte gesehen haben, ist von riesigem Wuchs. Sogar die Riesen haben wir dort gesehen – die Anakiter gehören nämlich zu den Riesen. Wir kamen uns selbst klein wie Heuschrecken vor und auch ihnen erschienen wir so.
So absurd das Gerücht auch ist: Es zeigt seine Wirkung. Angst macht sich breit. Sollen sich die Anakiter doch ändern und klein werden. Dann können wir es ja noch einmal versuchen …
Heuschreckenkunde
Ach hätten sich die Israeliten hier doch an Ägypten und die Macht der kleinen Heuschrecken erinnert, die einst dem Pharao das Fürchten lehrten (vgl. Exodus 10,1-20). So aber murren sie bloß und jammern und klagen:
Wären wir doch in Ägypten oder in dieser Wüste gestorben! Warum nur will uns der HERR in jenes Land bringen? Etwa damit wir durch das Schwert umkommen und unsere Frauen und Kinder eine Beute der Feinde werden? Wäre es für uns nicht besser, nach Ägypten zurückzukehren?
Am Ende aber führt der sich selbst generierende Verlust an Selbstvertrauen dazu, dass das Volk vierzig Jahre in der Wüste bleiben muss. Hätten sie doch nur der Kunde der Kundschafter vertraut …
Kundenorientierung
Sich an der Kunde zu orientieren, die den Weg Gottes weist, hätte nicht nur den Israeliten damals zur Ehre gereicht. Das gilt umso mehr für die Nachfolgerinnen und Nachfolger dessen, von dem das Johannesevangelium sagt:
Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht.
Das „Kundebringen“ geht hier auf das griechische Verb ἐξηγέεσθαι (gesprochen: exegéesthai) zurück, das nüchtern „berichten, darstellen, beschreiben“ meint5). Die Offenbarung, von der hier die Rede ist, ist das Beschreiben von (aus göttlicher Sicht) nüchterner Sachverhalte. Diese Kunde wird dem überbracht, den Johannes in seinem Prolog als λόγος (gesprochen: lógos) bezeichnet – ebenfalls ein Begriff, der nicht nur das „Wort“, sondern auch den „Verstand“ und die „Vernunft“ meint. Die Kunde ist im wahrsten Sinn des Wortes „logisch“.
Diese Kunde, die der Logos zuerst gebracht hat, muss weiter verkündet werden. Und spätestens hier wird deutlich, dass „verkündigen“ wenigstens in der deutschen Sprache immer eine Kundenorientierung impliziert. Die Vorsilbe „ver-“ konnotiert eine Veränderung im Sinne einer Bewegung. Die Ver-Kündigung bringt die Kunde von einem Sender zu einem Empfänger, der im Idealfall selbst wieder zum Sender wird. Hier liegt einer der Gründe, warum Jesus einen Kreis von Jüngerinnen und Jüngern um sich schart:
Aber ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an die Grenzen der Erde.
Oder im Johannesevangelium:
Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.
Das Senden wird im Griechischen mit unterschiedlichen Verben ausgedrückt. Während die Sendung Jesu durch den Vater mit ἀποστέλλειν (gesprochen: apostéllein) gefasst wird, beschreibt Jesu seine Entsendung der Jünger mit dem Wort πέμπειν (gesprochen: pémpein). Letzteres wird zur Entsendung von Menschen verwendet, unter anderem auch für die Beauftragung von Kundschaftern. Die Jünger sollen also Kundschafter sein, die sich mit Verstand ins Neuland aufmachen. Die Frage ist nur, wie sie an die Informationen kommen, um nicht naiv ins Neuland zu tappen. Pionierarbeit braucht nicht nur Mut, sondern vor allem auch Kenntnis und Verstand. Sie braucht die Kunde Kundiger, Kunden eben!
Kundenbringer
Apostel sind Kundenbringer. Um wirklich auf offene Ohren zu stoßen, müssen sie wie jeder moderne Kommunikationsanbieter (und auch jedes andere Unternehmen, das erfolgreich agieren möchte) vorher (!) auf die Welt, so wie sie ist, hören. Mit welchen Menschen hat man es überhaupt zu tun? Wie muss man sie ansprechen? Passt das eigene Angebot überhaupt zu den Bedarfen, die die Menschen haben. Oder behauptet man nur eine Relevanz, die auf taube Ohren trifft. Was, wenn die Menschen das, was sie brauchen, woanders schneller, besser oder günstiger bekommen? Und was, wenn der andere Anbieter ein Scharlatan ist, ein Billiganbieter, der die Menschen nur über den Tisch zieht … Wie kann man die Menschen zurückgewinnen? Sie, liebe Leserin und lieber Leser, merken es schon … im Kopf haben Sie den Kunden immer schon mitgedacht. Es ist gerade nicht weltlich, von Kunden zu reden, die mit der Kirche in Kontakt treten. Wenn die Kirche dient – und sie muss dienen, sonst dient sie zu nichts – dann sind die, die mit der Kirche in Kontakt treten, eben auch Könige, weil sie Kunden sind und eine Kunde bringen, von der die Kirche lernen kann und muss, wie sie ihre Botschaft im Widerstreit der Meinungen heute zu verkünden hat. Das nämlich ist ihr eigentlicher Markenkern: Die Verkündigung. Nicht sie selbst ist die Marke, die es zu verkaufen gilt, sondern die Botschaft des vom Kreuzestod Auferstandenen ist die Kunde, die in die Welt gerufen werden soll. Eine Kirche hingegen, die die Botschaft nur verkündet, um sich selbst zu entwickeln, macht sich nicht nur lächerlich; sie trifft auch das Verdikt des Paulus:
Dank sei Gott, der uns stets im Triumphzug Christi mitführt und durch uns den Geruch seiner Erkenntnis an allen Orten verbreitet! Denn wir sind Christi Wohlgeruch für Gott unter denen, die gerettet werden, wie unter denen, die verloren gehen. Den einen sind wir Todesgeruch, der Tod bringt; den anderen Lebensgeruch, der Leben bringt. Wer aber ist dazu fähig? Denn wir sind nicht wie die vielen anderen, die mit dem Wort Gottes Geschäfte machen. Wir verkünden es aufrichtig, von Gott her und vor Gott in Christus.
Kunden zu bringen, ist wahrlich harte Arbeit, ein nie endender Frondienst, bei dem am Ende die Frage steht: Darf’s ein bisschen mehr sein?
Bei alldem kann man sich zumindest als Jesusjünger nie sicher sein, ob mit den Menschen, denen sie begegnen, nicht noch ganz andere Kundenbringer unterwegs sind. Zumindest weiß das der Autor des Hebräerschreibens, wenn er eine vorbehalt- und absichtslose Gastfreundschaft anmahnt:
Vergesst die Gastfreundschaft nicht; denn durch sie haben einige, ohne es zu ahnen, Engel beherbergt!
Wahrlich – das ist dann Kunde von ganz besonderen Kunden. Hoffentlich läutet das Glöckchen noch, wenn sie wieder gehen – Palim, Palim!
Einzelnachweis
1. | ↑ | Vgl. hierzu https://www.facebook.com/kreuzkirche.muenster/posts/916981931710887 [Stand: 25. November 2018]. |
2. | ↑ | Vgl. hierzu https://www.facebook.com/stadtgefluester.interviewmagazin/posts/1313718118654958 [Stand: 25. November 2018]. |
3. | ↑ | Vgl. hierzu https://www.wn.de/Muenster/2011/11/Hinter-jedem-Stuhl-steht-ein-Mensch-Ueber-250-Stuehle-in-der-Kreuzkirche-Samstag-und-Sonntag-soll-alles-wieder-abgeholt-werden [Stand: 25. November 2018]. |
4. | ↑ | Vgl. hierzu Duden, Das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache. In: Der Duden in zwölf Bänden. 4. Auflage. Band 7, Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2006, S. 459. |
5. | ↑ | Das deutsche Wort „Exegese“ und „Exeget“ leitet sich ebenfalls hiervon ab. |