den Artikel
Die hörende Kirche ist in vieler Munde. Wortreich wird sie gerade in diesen Tagen wieder beschworen, in denen das Vertrauen der Kirche in der sintflutartigen Gischt von Missbrauch und Vertuschung vernichtet wurde. Es gab keine Zeit mehr, eine rettende Arche zu bauen. Anders als bei anderen Vertrauenskrisen der Gegenwart hat die Kirche ihren innersten Wert verspielt, für den sie steht: Vertrauen, Nähe, Fürsorge, Solidarität gerade mit den Kleinen, Schwachen und Arglosen. Ein Autokonzern wie VW kann offenkundig selbst die größten Dieselschummeleien fast schadlos überstehen, weil sein Markenkern – der Bau moderner, zuverlässiger und sicherer Fahrzeuge – unbeschädigt bleibt. Die Schuld an Schummeleien wird in der Krisenkommunikation auch nicht systemisch oder institutionell begründet, sondern personalisiert. Irgendein Manager muss dann reumütig vor die Presse treten, die Verantwortung übernehmen und seinen Platz räumen. Der Kern, für den man eigentlich steht, bleibt davon unberührt. Und so geht der Skandal mit dem, der die Verantwortung übernimmt. Schuld ist nie kollektivierbar. Schuld ist immer Sache einer natürlichen Person. VW hat das verstanden – und geht aus dem Skandal hervor – weniger wie ein Phaeton, der mit dem Sonnenwagen abstürzte, eher wie ein Phoenix aus der Asche. Wenn am Ende der politischen Entscheidung über die Dieselkrise eine Umtauschprämie steht, die gegenüber den sonstigen Rabatten für die Verbraucher keinen einzigen Vorteil bringt, dann kann man nur sagen1): Von VW und den anderen Autogiganten kann man lernen, wie Krise geht …
Kein Phoenix in der Asche
Anders aber als die Autogiganten der Nation hat die Kirche ihren innersten Markenkern auf dem Altar der Scheinheiligkeit geopfert. Wann auch immer das nicaeno-constantinopolitaneische Glaubensbekenntnis in diesen Tagen gebetet wird – das Bekenntnis zur heiligen Kirche bleibt einem fast im Halse stecken angesichts des Unheils, das sich nicht nur in der MHG-Studie oder den in Pennsylvania offenbar gewordenen Taten römisch-katholischer Kleriker und denen, die diese Taten vertuscht haben, ereignet hat. Auch hier geht es um persönliche Schuld. Aber es ist niemand da, der persönliche Verantwortung übernimmt. In der Pressekonferenz vom 25.9.2018 fragt etwa die Journalistin Christiane Florin nach diesen persönlichen Konsequenzen, also einem Rücktritt eines Bischofs. Die Antwort des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Reinhard Kardinal Marx kommt schnell: „Nein!“ – vielleicht zu schnell, wie die anschließende Übersprunghandlung zeigt, wenn Reinhard Kardinal Marx und der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, der Trierer Bischof Stephan Ackermann sich gut sichtbar an die eigene Nase fassen …2)
Der schöne Schein der Heiligkeit bleibt also gewahrt. Während allenthalben ein grassierender Klerikalismus beklagt wird, wurde schon am Sonntag nach der reumütigen Pressekonferenz vom 25.9.2018 wieder die heilige Messe „gefeiert“ als wenn nichts gewesen wäre – allen Bußaufrufen zum Trotz. Da war kein bußfertiges Schweigen, sondern eine beredte Empörung. Niemand ging in Sack und Asche. Niemand übernahm persönlich Verantwortung. Die Welt aber hat schon längst resigniert. Wenn die Jünger Jesu ihre eigene Botschaft schon selbst nicht ernst nehmen, warum sollten es die tun, die sich in kritischer Distanz zur Jüngerorganisation mit Namen „Kirche“ befinden.
Vertrauen ist der Rohstoff jeder Kommunikation
Vertrauen ist nicht nur ein Markenkern der Kirche; er ist auch der Rohstoff jeder Kommunikation. So sieht es jedenfalls – mit Blick auf die in Zeiten von Fake News immer notweniger werdende Wissenschaftskommunikation – die Bundesforschungsministerin Anja Karliczek, die als einen der Schwerpunkte ihrer Politik darin sieht,
„‚das Vertrauen in und das Interesse an Wissenschaft‘ zu fördern und damit die Demokratie selbst zu stärken“3).
Gerade in Zeiten, in denen mit Fake News, gezielten Falsch- oder Halbinformationen Politik gemacht wird und Wählerinnen und Wähler bewusst manipuliert werden, ist dieser Rohstoff umso wertvoller. Wo das Vertrauen verschwindet oder gar zerbricht, gewinnt die Lüge die erste Schlacht gegen die Wahrheit. Bezeichnend ist ja, dass die berühmte Pilatusfrage im Johannesevangelium
Was ist Wahrheit?
den so Fragenden nicht wirklich, wie manchmal behauptet, als Skeptiker oder latenten Wahrheitssucher ausweist. Sicher: Aus christlicher Perspektive steht der, der die Wahrheit ist, in Person vor ihm: Jesus, der sich in Kreuzestod und Auferstehung als der Christus erweisen wird. Bei näherer Betrachtung der kleinen Passage fällt aber auf, dass Pilatus offenkundig gar nicht an einer Antwort auf seine Frage interessiert ist. Draußen vor dem Prätorium steht die Meute, die den Tod Jesu fordert, drinnen ein bemitleidenswerter Delinquent, ein Nichtrömer freilich, an dem man sich nicht die Hände schmutzig machen sollte. Obwohl er keine Schuld an ihm findet (vgl. Johannes 18,38) wird er ihn dem Kreuzestod überliefern, wohl eher um keine weiteren persönlichen Scherereien zu haben. Schließlich droht ihm der grölende Mob wenig später unverhohlen mit unmittelbaren Konsequenzen:
Wenn du diesen freilässt, bist du kein Freund des Kaisers.
Die Wahrheitsfrage
Die Kirche aber erkennt diese Zeichen der Zeit nicht. Sie wähnt sich immer noch im Besitz einer absoluten Wahrheit. Die Wahrheit aber ist – und das zeigt die Pilatusszene – von flüchtigem Wesen. Sie ist sterblich, wenn man sich nicht ihrem Anspruch stellt, ihre Frage immer neu zu beantworten. Offenkundig ist die Wahrheit zuallererst eine Frage und keine Antwort. Wer aber schon die Frage nicht als solche oder bestenfalls, wie Pilatus, als rhetorische Frage begreift, die keine Antwort nötig hat, wird die Wahrheit nicht begreifen können. Vor allem aber kann die Wahrheit nicht in sich widersprüchlich sein. Wenn etwa der Bischof von Rom, Franziskus, sagt, ihm stünde es nicht zu über Homosexuelle zu richten, dann mutet es mehr als fragwürdig an, wenn der Vatikan, an dessen Spitze eben jener Bischof von Rom steht, dem Rektor der Philosophisch-Theologischen Hochschule Frankfurt-St. Georgen, Ansgar Wucherpfennig SJ, das „Nihil obstat“ verweigert, weil dieser
„sich 2016 in einer Lokalzeitung gegen den Ausschluss von Frauen von kirchlichen Weiheämtern ausgesprochen und über Homosexualität nicht rundheraus ablehnend geäußert“4)
hatte. In einer Stellungnahme des Katholisch-Theologischen Fakultätentages, der Arbeitsgemeinschaften für Katholische Theologie, der Deutschen Sektion der Europäischen Gesellschaft für Katholische Theologie und des Forums katholischer Theologinnen heißt es deshalb zu Recht:
„[Es] geht (…) nicht allein um einen Einzelfall, sondern um ein Grundproblem kirchlicher Kommunikation: Einmal mehr wird versucht, ein theologisch und pastoral drängendes Thema disziplinarisch zu „erledigen“ und zu tabuisieren, anstatt dessen dringend nötige Klärung in einem offenen theologischen Prozess zu fördern. In dieser Verweigerung des Dialogs sehen wir ein Zeichen jenes Missbrauchs von Macht, der gerade vor dem Hintergrund der jüngst veröffentlichten Untersuchung zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland als Grundproblem scharf kritisiert wird.“5)
Spaltfantasien
Die Causa Wucherpfennig offenbart neben der Vernichtung des Vertrauens eine zweite schwere Wunde, an denen die kirchliche Kommunikation der Gegenwart leidet: Die Lust an der Spaltung. Gerade unter dem Pontifikat Franziskus‘ wird deutlich, dass Papsttreue kein objektiver Tatbestand ist und war. Papsttreu können selbst die, die Tradition mit einem Zustand verwechseln und übersehen, dass Tradition ein dynamischer Vorgang ist, offenkundig selbst nur dann sein, wenn der Papst sagt, was sie selbst denken. Das aber ist der epidemische Virus, der die Kommunikation der gegenwärtigen gesellschaftlichen Zustände in sich gefährdet: die Unfähigkeit anzuerkennen, dass man selbst immer nur ein kleiner Teil eines großen Ganzen ist; dass das Leben sich nicht immer nach den eigenen kleinen und großen Bedürfnissen richtet; ja, dass der Mittelpunkt der Welt eben gerade nicht in einem selbst liegt; dass Wahrheit sich nur dann an das Licht Welt wagt, wenn sie im vielfältigen und konstruktiven Streit errungen wird und gedeihen kann. Die Apodeixis, mit der der Vatikan jetzt aber die vorsichtigen Äußerungen Ansgar Wucherpfennigs zur Homosexualität zum Anlass der Verweigerung des „Nihil obstat“ nimmt, schlägt nicht nur dem Bischof von Rom mit der Linken ins Gesicht und mit der Rechten die Mitra vom Haupt, sie verhöhnt auch den, der die Wahrheit in Person ist, selbst, mahnt Jesus Christus doch:
Die Schriftgelehrten, die von Jerusalem herabgekommen waren, sagten: Er ist von Beelzebul besessen; mit Hilfe des Herrschers der Dämonen treibt er die Dämonen aus. Da rief er sie zu sich und belehrte sie in Gleichnissen: Wie kann der Satan den Satan austreiben? Wenn ein Reich in sich gespalten ist, kann es keinen Bestand haben. Wenn eine Familie in sich gespalten ist, kann sie keinen Bestand haben. Und wenn sich der Satan gegen sich selbst erhebt und gespalten ist, kann er keinen Bestand haben, sondern es ist um ihn geschehen. Es kann aber auch keiner in das Haus des Starken eindringen und ihm den Hausrat rauben, wenn er nicht zuerst den Starken fesselt; erst dann kann er sein Haus plündern. Amen, ich sage euch: Alle Vergehen und Lästerungen werden den Menschen vergeben werden, so viel sie auch lästern mögen; wer aber den Heiligen Geist lästert, der findet in Ewigkeit keine Vergebung, sondern seine Sünde wird ewig an ihm haften. Sie hatten nämlich gesagt: Er hat einen unreinen Geist.
Die Spaltung ist der Feind der Wahrheit. Die Spaltung ist der Keim des Misstrauens. Wo Spaltung ist, kann keine Kommunikation gelingen. Wahrlich: Die Kirche der Gegenwart steht auf verlorenem Posten. Wer soll ihre Botschaft noch glauben? Welche Botschaft überhaupt? Ist sie sich nicht längst selbst zum Zweck geworden? Gründerseminare und Kirchenentwicklungskonzepte zeigen doch eher, dass die Kirche längst mehr ein weltlicher Verein oder ein Unternehmen geworden ist denn eine eschatologische Heilsgemeinschaft. Aber selbst darin ist die Kirche schlecht. Der selbstverschuldete Untergang in den Fluten von Spaltung und Misstrauen, die Unfähigkeit personeller Verantwortung und das systemisch-institutionelle Gehabe lassen aufrechte Katholikinnen und Katholiken – und die gibt es noch! – mit Petrus rufen, der im See Genezareth unterzugehen droht:
Herr, rette mich!
Und die Antwort Jesu wird wie weiland mit helfend ausgestreckter Hand folgen:
Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?
Hört, hört!
Der Psalmist rät in solchen Situationen zu Gelassenheit – und einem Blick in das Wort Gottes:
Aus deinen Befehlen gewinne ich Einsicht, darum hasse ich alle Pfade der Lüge. (Nun) Dein Wort ist meinem Fuß eine Leuchte, ein Licht für meine Pfade. Ich tat einen Schwur und ich will ihn halten, zu beachten die Entscheide deiner Gerechtigkeit. Ich bin ganz tief erniedrigt, HERR, nach deinem Wort belebe mich! HERR, nimm gnädig an das Lobopfer meines Munds und lehre mich deine Entscheide!
Die Bibel wäre nicht das lebendige Wort Gottes, wenn es sich in den Zeiten und durch die Zeiten nicht immer wieder als relevant erwiesen hätte. Nicht jede Krise, die auch die Kirche durchlebt, ist an sich neu. Wer die Bibel deshalb zuvorderst auch als gelebte Geschichte liest, die im Licht des Glaubens gedeutet wird, wird reiche Erkenntnis für die aktuelle und akute Gegenwart finden. Mit Blick auf die so offenkundig grassierende kirchliche Kommunikationskrise der Gegenwart lohnt sich ein Blick in die von Martin Luther verächtlich als „strohern“ bezeichnete Jakobusepistel, die in wenigen Sätzen ein bemerkenswertes Kommunikationskonzept entwickelt:
Wisset, meine geliebten Brüder und Schwestern: Jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn; denn der Zorn eines Mannes schafft keine Gerechtigkeit vor Gott. Darum legt alles Schmutzige und die viele Bosheit ab und nehmt in Sanftmut das Wort an, das in euch eingepflanzt worden ist und die Macht hat, euch zu retten! Werdet aber Täter des Wortes und nicht nur Hörer, sonst betrügt ihr euch selbst! Wer nur Hörer des Wortes ist und nicht danach handelt, gleicht einem Menschen, der sein eigenes Gesicht im Spiegel betrachtet: Er betrachtet sich, geht weg und schon hat er vergessen, wie er aussah. Wer sich aber in das vollkommene Gesetz der Freiheit vertieft und an ihm festhält, wer es nicht nur hört und es wieder vergisst, sondern zum Täter des Werkes geworden ist, wird selig sein in seinem Tun. Wenn einer meint, er diene Gott, aber seine Zunge nicht im Zaum hält, sondern sein Herz betrügt, dessen Gottesdienst ist wertlos. Ein reiner und makelloser Gottesdienst ist es vor Gott, dem Vater: für Waisen und Witwen in ihrer Not zu sorgen und sich unbefleckt von der Welt zu bewahren.
Wenn die sogenannten kirchlichen Würdenträger immer wieder von einer „hörenden“ Kirche reden, dann müssen sie das konkretisieren. Die „Kirche“ gibt es so nämlich nicht. Sie ist eine Institution ohne Ohren. Sie ist in sich als System und Institution natürlich apersonal. Genau diese Apersonalität wird rhetorisch genutzt, weil jede und jeder sich ja irgendetwas unter „Kirche“ vorstellen kann. Noch subtiler wird es freilich, wenn man „Kirche“ ohne Artikel benutzt und sie so personalisiert. Dann muss „Kirche“ hören; „Kirche“ muss handeln und „Kirche“ muss endlich ihre Hausaufgabe machen, so wie Kevin und Chantal in der Grundschule. Bloß: „Kirche“ gibt es nicht als Person – Kevin und Chantal schon!
Der Chef organisiert von Zeit zu Zeit den Betrieb völlig um. Das schadet aber nicht, weil ja alles beim Alten bleibt. Kurt Tucholsky
Individuation!
Hier zeigt sich der hohe Grad an Unreife, der die kirchliche Kommunikation prägt. In der Verweigerung der Übernahme persönlicher Verantwortung, die sich in dem Gerede von „der Kirche“, „Kirche“ oder auch der „hörenden Kirche“ zeigt, liegt der Spaltpilz, der jede glaubwürdige Kommunikation zersetzt. Jesus hat aber eben keine Kirche gegründet, sondern Zeugen berufen, die er persönlich in die Pflicht nimmt:
Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an die Grenzen der Erde.
„Die Kirche“ muss daher endlich einen Prozess der Individuation durchlaufen. Sie muss reifen – und das kann sie nur, wenn die Getauften und Gefirmten – also auch die sogenannten Würdenträger – den in der Firmung erteilten Auftrag zur Verkündigung endlich als persönlichen Auftrag begreifen. Wo aber viele Personen sind, wird Vielfalt sein. Vielfalt ist der Feind der Einfalt. Niemand in der Kirche – auch der Vatikan nicht! – kann eine einfältige Einheit wollen, wo doch schon die Einheit Gottes dreifaltig ist. Verbieten sich da nicht apodiktische Zurechtweisungen, wie sie hinter der Verweigerung des „Nihil obstat“ an Ansgar Wucherpfennig stehen, von selbst, wo es doch nicht um die innersten Glaubenswahrheiten geht, sondern nur um sexuelle Orientierungen, von denen Franziskus als Bischof von Rom sagt, er sei nicht befugt, darüber zu richten?
Schnell hören, langsam reden, endlich handeln!
Das biblische Kommunikationskonzept des Jakobus bringt es auf den Punkt. Es wird zu viel geredet, ohne wirklich zu hören. In der Kakophonie scheinheiliger Beteuerungen fordert freilich das Unterbewusste seinen Tribut, wie die marx-ackermann’sche Übersprunghandlung bei der Pressekonferenz vom 25.9.2018 in Fulda zeigt. Die Antwort kam aber auch zu schnell. Hätte man es wie Jakobus gemacht, hätte man sich zwar um ein schnelles Hören und Verstehen bemüht, sich mit einer Antwort aber Zeit gelassen. Die Wahrheit muss Zeit zum Reifen haben. Man muss sie erst selbst begreifen, ehe sie zur Antwort wird. Wird sie aber zur Antwort, müssen ihr Taten folgen, denn:
Hütet euch vor den falschen Propheten; sie kommen zu euch in Schafskleidern, im Inneren aber sind sie reißende Wölfe. An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Erntet man etwa von Dornen Trauben oder von Disteln Feigen? Jeder gute Baum bringt gute Früchte hervor, ein schlechter Baum aber schlechte. Ein guter Baum kann keine schlechten Früchte hervorbringen und ein schlechter Baum keine guten. Jeder Baum, der keine guten Früchte hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen. An ihren Früchten also werdet ihr sie erkennen.
Wider die scheinheilige Geheimniskrämerei
Hinzu kommt noch eines – das Reden ohne Hintergedanken: Wer sich im Schein des Heiligen sonnt, gefällt sich, ist aber noch lange keine Zeuge des vom Kreuzestod Auferstandenen. Ihn trifft die Mahnung des Paulus:
Wir verkünden nämlich nicht uns selbst, sondern Jesus Christus als den Herrn, uns aber als eure Knechte um Jesu willen.
Die damit verbundenen Mühen scheinen nicht jedem geläufig zu sein. Wer nämlich Jesus Christus als Herrn verkünden will, verkündet ja die Wahrheit. Die Wahrheit aber hat es nicht nötig, sich zu verstecken. Jesus selbst sagt es ja noch auf der Anklagebank im Hohen Rat:
Ich habe offen vor aller Welt gesprochen. Ich habe immer in der Synagoge und im Tempel gelehrt, wo alle Juden zusammenkommen. Nichts habe ich im Geheimen gesprochen.
Deshalb gilt immer noch der Rat, dem Paulus sich offenkundig selbst zu folgen bemüht:
Denn wir schreiben euch nichts anderes, als was ihr lest und kennt; ich hoffe, ihr werdet noch ganz erkennen, wie ihr uns zum Teil schon erkannt habt, nämlich dass wir euer Ruhm sind, so wie ihr unser Ruhm seid, am Tag unseres Herrn Jesus.
Nur das schreiben, was man liest und kennt! Nur das reden, was man wirklich meint! Nur so schreiben und reden, wie es auch gemeint ist und verstanden werden kann. Und vorher hören, wenigstens nur einmal hinhören … Die Wahrheit ist kein nasser Lappen, dem man den Menschen um die schmerzenden Ohren schlägt. Hütet eure Zunge, ihr Eitelstolzen, die Wahrheit könnte ihrer fliehen … wenn sie sich nicht schon längst von dannen gemacht hat.
Jesus Christus aber sucht immer noch Zeuginnen und Zeugen, die sein Wort mit Zunge und Händen verkünden. Zuvor muss man es mit den Ohren hören und mit Herz und Hirn verstehen. Er sucht also Schnellhörer und Worttäter. Dann könnte die Kirche wieder ein Weg des Vertrauens sein – ein Weg, kein Ziel. Mehr ist die Kirche nämlich nicht – eine Methode, ein Mittel zum Zweck der Verkündigung, so dass man mit Paulus sagen können sollte:
Denn wir sind nicht wie die vielen anderen, die mit dem Wort Gottes Geschäfte machen. Wir verkünden es aufrichtig, von Gott her und vor Gott in Christus.
Das ist aus dem Blick geraten. Die Kirche ist kein Unternehmen, das mit Marketingmitteln sich selbst verkündet. Sie sollte selbst das Marketing des Wortes Gottes sein. Offenkundig aber genügt sie sich selbst. Sie ist sich selbst zum Ziel geworden. Mein Gott, was für ein Desaster. Man sollte die Marketingabteilung dringend austauschen! Ist da einer, der Verantwortung übernimmt … Nein? Ach, fasst euch doch an eure eigene Nase …
Bildnachweis
Titelbild: Vogel der Selbsterkenntnis (anonymus – Foto: Javier Carro – Ausschnittbearbeitung: Werner Kleine) – Quelle: Wikicommons – lizenziert als CC BY-SA 3.0.
Einzelnachweis
1. | ↑ | Vgl. hierzu ADAC, Umtauschprämie/Umweltprämie für Diesel: So viel Rabatt geben die Autohersteller, 12.10.2018, Quelle: https://www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/abgas-diesel-fahrverbote/dieselkauf-abgasnorm/umweltpraemie/ [Stand: 14.10.2018]. |
2. | ↑ | Siehe hierzu den Mitschnitt der DBK-Pressekonferenz „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen“ vom 25.9.2018 unter https://youtu.be/4TyUbTsYnz8?t=13 [Stand: 14.10.2018], ab 1:41:00 Std. |
3. | ↑ | Volker Stollorz, Wie man Wissen zugänglich macht, in: Die Zeit (11. Oktober 2018), S. 39. |
4. | ↑ | Daniel Deckers, Theologen solidarisieren sich mit Wucherpfennig, in: FAZ Online, 14.10.2018, Quelle: http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/theologen-solidarisieren-sich-mit-ansgar-wucherpfennig-15837341.html [Stand: 14. Oktober 2018]. |
5. | ↑ | Quelle: http://kthf.de/wp-content/uploads/2016/01/2018-10-12-Erklärung-zu-Wucherpfennig.pdf [Stand: 14. Oktober 2018]. |