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Disput·Ecclesiastica

Ein allzu lautes Schweigen Eine neutestamentliche Erwiderung auf den Einwurf Joseph Ratzingers


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Schweigen und Gehorsam sind die wohl meist geforderten Haltungen, zu deren Befolgung Prediger, vorzugsweise auch gerne Bischöfe, die ihnen Anvertrauten auffordern. Schweigen und Gehorsam werden dann gerne zu Tugenden der wahrhaft Glaubenden stilisiert, die sich so den Zweifeln der Vernunft, den Brüchen des Lebens und den Inkonsistenzen menschlicher Existenz entheben können. Nicht selbstständig denken, sondern einfach gehorsam glauben und im Zweifel eben schweigen – so schön kann Kirche für die sein, die im Anschein stehen, den Dienst der Leitung zu versehen, der freilich schnell zum unterstellten Machtanspruch gewandelt wird, wenn andere, Frauen etwa oder Verheiratete fragen, warum sie nicht am kirchlichen Amt beteiligt werden. Dann gilt wieder: Schweige gehorsam!

Manchmal erbarmt sich einer der machtvoll Dienenden und greift zum Worte Gottes, um seine Schweigegebote und Gehorsamsforderungen mit der Stimme des Höchsten zu untermauern. Das gelingt tatsächlich, wenn man das Wort Gottes als Sammlung von Wörtern begreift, die man nach Belieben aus dem Kontext greift, neu ordnet und so den gewünschten Beweis erhält. Es steht ja schließlich geschrieben. Beachtet man freilich, dass das Wort Gottes als solches Fleisch wurde (vgl. Johannes 1,14) und der göttliche λόγος (gesprochen lógos) nicht als vielstimmige Kakophonie wortreicher Mitteilungen in Form von Einzeläußerungen daherkommt, sondern in dezidierter Einstimmigkeit der Einzahl des Wortes, dann wird man nicht umhinkommen, und das Wort Gottes so zu nehmen, wie es tatsächlich geschrieben steht. Und da spielt der Kontext, in dem es geschrieben steht, eben immer eine wichtige Rolle. Das Wort Gottes ist ein Kanon, der auch dann noch im Ganzen gilt, wenn man einzelne Passagen betrachtet – immer in dem Wissen, dass auch einzelne Abschnitte immer Teil eines Textganzen sind. Deshalb ist in der Beschäftigung mit dem Wort Gottes immer Vorsicht geboten. Der Allmächtige bindet sich schließlich nicht nur an die von ihm geschaffenen Naturgesetze. Er folgt offenkundig auch den von ihm gemachten syntaktischen, semantischen und grammatikalischen Regeln der menschlichen Sprachen. Das ist gut für all jene, die sich mit dem Wort Gottes beschäftigen, können sie doch so die Zäsuren im Text, seine Anschlüsse, seine Konsistenzen und Inkonsistenzen, die auf neue Gedankengänge und Abschnitte hindeuten, erkennen – ein Vorgehen, dass die wissenschaftliche Exegese, die ja immerhin den Anspruch hat, sich nicht in subjektiver Beliebigkeit zu verlieren, in den Disziplinen der Literarkritik und der Redaktionskritik verfolgt: Welche Textteile gehören zusammen und müssen auch zusammen gelesen werden? Wo finden sich neue Abschnitte? Wo hört ein Text auf und wo fängt ein neuer Gedanke an? So wird verhindert, dass einzelne Wörter aus dem Zusammenhang gerissen, einfach mit einer neuen Bedeutung versehen und dann mit dem niederschmetternden Hinweis, es handele sich ja um ein in der Bibel vorfindbares göttliches Wort, eingesetzt werden, die argumentativen Gegnerinnen und Gegner mundtot zu schlagen, auf das wieder herrsche, was den Diener der Macht ein Wohlgefallen ist: Schweigen und Gehorsam!

Von einem, der nicht schweigen kann

Der Rücktritt als Papst am Abend des 28. Februar 2013 wird von nicht wenigen in der Rückschau als Akt von historischer Größe beschrieben1). Seitdem ist er eben kein Papst mehr, sondern der frühere Bischof von Rom. Als solcher wollte er eigentlich „verborgen von der Welt“ ein Leben in Schweigen und Gebet führen. Der selbstgewählte Titel „Papa emeritus“ ist da freilich ebenso inkonsistent wie das nicht abgelegte päpstliche weiße Gewand. Auch wenn der Fischerring Benedikts XVI unbrauchbar gemacht wurde und damit seine Siegel- und Amtsgewalt erloschen ist, er statt der von ihm in seiner papalen Zeit bewusst getragenen roten nun braune Schuhe trägt und auf den weißen Schulterkragen, die Mozetta, verzichtet – für Unkundige suggeriert allein die weiße Soutane in der öffentlichen Wahrnehmung, dass da jemand ein neuen Titel erfunden hat: Altpapst statt Altbischof. Tatsächlich schürt das bei all jenen Hoffnung, die sich mit dem Reformwillen Papst Franziskus’, der faktisch ja auch eher behutsam und nicht wirklich revolutionär ist, wie die ersten sieben Jahre seines Pontifikats zeigen, schwertun. Fast könnte man meinen, der römische Altbischof Joseph Ratzinger firmiere für die Traditionalisten als so etwas wie „unser Mann in Rom“, den man nur reaktivieren bräuchte, um die Kirche wieder auf den wahren, also den eigenen Kurs, zu bringen. Es verwundert daher nicht, dass traditionalistische Sender wie „gloria.tv“ mit freudiger Erregung feststellen:

„Im März 2013 wurde nach dem Rücktritt von Benedikt XVI. darauf verzichtet, den Ring zu zerstören. Stattdessen wurde die Ringplatte durch zwei tiefe Einschnitte so entwertet, dass der Ring nicht mehr als Siegel verwendet werden kann, wie der damalige Vatikansprecher Federico Lombardi erklärte.“2)

Man hört es geradezu zwischen den Zeilen: Es ist nur wenig nötig, um den Fehler vom Februar 2013 auszumerzen. Und rote Schuhe werden sicher auch noch irgendwo zu finden sein …

Tatsächlich tut sich Altbischof Ratzinger schwer mit dem eigenen Schweigegelübde. Immer wieder sucht er die Öffentlichkeit, nimmt Stellung zu aktuellen kirchenpolitischen Fragen – was angesichts der Selbstinszenierung in der weißen Papstsoutane dann doch immer wieder wie die Inanspruchnahme der Ausübung des authentischen Lehramts, das nach römisch-katholischer dem Bischof von Rom zukommt, wirkt – und korrigiert bisweilen sogar seine eigenen Äußerungen aus Zeiten, in denen Prof. Joseph Ratzinger als Konzilsberater wirkte und ein frischer Wind in der Kirche wehte. Es sind diese Korrekturen eines Mannes, der nicht schweigen kann, die symbolisch für manche Inkonsistenzen in seinem Leben stehen.

Wiederholungstäter

Nun hat Joseph Ratzinger zum wiederholten Mal sein Schweigen gebrochen. Kardinal Robert Sarah veröffentlicht ein Buch, von dem mittlerweile nicht mehr klar ist, ob der frühere Papst Benedikt XVI nun als Co-Autor fungiert oder nicht, in dem ein Beitrag des früheren Bischofs von Rom über das katholische Priestertum veröffentlicht wird. Allein die Ankündigung, dass er darin den Zölibat verteidigen solle, löste angesichts des erwarteten apostolischen Schreibens, mit dem Papst Franziskus die Beratungen der Amazonien-Synode vom Oktober 2019 zusammenfassen und in rechtliche Maßnahmen umsetzen wird, eine Flut von Kommentaren aus3) – schließlich rang sich die Amazonien-Synode zu der Miniforderung durch, man möge doch bitte verheiratete Diakone zu Priestern weihen, um dem Priestermangel in Lateinamerika entgegenzuwirken. Das alleine genügt offenkundig schon, um manch einem die Angst vor den Pforten der Unterwelt in die Glieder zu treiben, der im Kardinalrot doch eigentlich die Unerschrockenheit des Glaubens am Leibe trägt, dass sich im Petrusamt die Verheißung Jesu Christi verwirklicht:

Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird im Himmel gelöst sein. Matthäus 16,18-19

Wurzelgrabungen

Der fragliche Text Joseph Ratzingers wurde mittlerweile in der katholischen Zeitung „Die Tagespost“ vorab veröffentlicht4), so dass jetzt über den bloßen Diskurs über Fragen von Autorität und Autor, seinen Motiven und der Frage, ob und inwieweit er überhaupt Autor des Beitrages ist, hinaus eine Auseinandersetzung mit den Argumenten Joseph Ratzingers möglich ist. Tatsächlich zeigt eine Lektüre des Textes, dass der Autor bestrebt ist, eine Konsistenz des kirchlichen Priestertums mit dem Wort Gottes herzustellen. Das freilich ist schwierig, wie der Autor selbst feststellt, finden sich im Neuen Testament zwar – wenigstens dem Begriff nach – die Ämter des Bischofs (ἐπίσκοπος – gesprochen: epískopos) und des Diakons (διάκονος – gesprochen: diákonos). Das Amt des Priesters – zumindest verstanden als „besonderes“ Priesteramt – findet sich im Neuen Testament nicht. Das muss für Joseph Ratzinger eine Schwierigkeit bedeuten, weil das Priesteramt kirchgeschichtlich im 2. Jahrhundert als Teilhabe am bischöflichen Amt im Sinne eines Mitarbeiters eines Bischofs eingeführt, aber eben nicht unmittelbar vom Herrn eingesetzt wurde. Zu Recht stellt er deshalb fest, dass mit ἐπίσκοπος ein aus dem weltlich-hellenistischen Bereich stammender Begriff des profanen Verwaltungswesens in die kirchliche Struktur Eingang findet. Eine besondere klerikale Heraushebung ist damit gerade nicht verbunden. Ähnliches gilt auch für den aus dem jüdischen Synagogalwesen stammenden Terminus „Presbyter“ (πρεσβύτερος – gesprochen: presbyteros), auf den er nicht nur den Begriff „Priester“ zurückführt, was etymologisch sicher zu hinterfragen ist, sondern auch das dreifache Amt „Bischof – Priester – Diakon“:

“In der Kirche aus Juden und Heiden hat sich daraus die dreifache Amtsgestalt von Episkopen, Presbytern und Diakonen entwickelt, die am Ende des ersten Jahrhunderts bei Ignatius von Antiochien deutlich entwickelt vorliegt und sprachlich und inhaltlich bis heute die Amtsstruktur der Kirche Jesu Christi gültig ausdrückt.”5)

Das ist aus neutestamentlicher Sicht nicht die erste Inkonsistenz im Text, die nicht die einzige bleiben wird. Abgesehen von der Frage, ob sich das deutsche Wort „Priester“ tatsächlich vom griechischen πρεσβύτερος ableiten lässt – schließlich gibt es ja auch heidnische Priesterinnen und Priester – ist alleine schon die Behauptung, hier bilde sich die dreifache Amtsstruktur der späteren Kirche vor, deswegen schon schwierig, weil sich mit den Termini ἐπίσκοπος und πρεσβύτερος zwei zu neutestamentlicher Zeit konkurrierende Gemeindemodelle verbunden sind, die nicht ohne Konflikt waren: Auf der einen Seite die heidenchristlichen Gemeinden, in denen es eben ἐπίσκοποι (gesprochen: epískopoi) gab; sie verwendeten einen hellenistischen Begriff für die Bezeichnung ihrer Leitungspersönlichkeiten. Daneben gab es judenchristliche Gemeinden, die das aus der jüdischen Herkunft vertraute Institut der „Ältesten“, die πρεσβύτεροι (gesprochen: presbyteroi) kannten, das der Sache nach der Funktion der ἐπίσκοποι ähnlich war. Eine Stufung, wie sie im dreistufigen Ordo angelegt ist, gab es also nicht einmal im Ansatz. In späterer Zeit, in der das Judenchristentum (nach der Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n.d.Z. und der endgültigen Trennung von Christentum und Judentum etwa um die erste Jahrhundertwende) de facto nicht mehr existent war, mag man den judenchristlichen Begriff subordiniert und zur Bezeichnung der unter den Bischöfen stehenden Priestern verwendet haben, wie es bei Ignatius von Antiochien geschehen ist. Darin würde sich dann aber eher ein leichter antijudaistischer Reflex wiederspiegeln. In jedem Fall aber ist das Entstehen des dreistufigen Ordo ein Werk der Väterzeit und nicht so einfach aus der neutestamentlichen Nomenklatur abzuleiten. Das Gegenteil ist sogar der Fall, wird das Priesteramt doch mit dem Terminus ἱερός (gesprochen: hierós) bezeichnet (der Hohepriester ist dementsprechend ein ἀρχιερεύς – gesprochen: archiereys) – ein Begriff, der, wie weiter unten ausgeführt wird, im Neuen Bund für die Glaubenden verwendet wird.

Aus der historischen Erkenntnis, dass so etwas wie das Priesteramt aus einem dynamischen Prozess heraus entsteht, könnte nun natürlich das Bestreben entstehen, die damals waltende Kreativität in der Beantwortung zeitgenössischer Herausforderungen auch auf Problemstellungen anzuwenden, die sich heute stellen und ebenso nach neuen und kreativen Lösungen zu suchen. Wäre es nicht genau das, was Teil der jesuanischen Verheißung an Petrus ist, Probleme zu lösen und sich daran zu binden? So aber versucht Joseph Ratzinger eine Konsistenz des Priesteramtes mit einer Argumentation herzustellen, die sich zwar auf das Wort Gottes beruft, darin aber merkwürdig inkonsistent ist – vielleicht auch deshalb, weil er immer wieder auf seine persönliche Spiritualität, seine Gebete am Vorabend seiner Priesterweihe und der sich daraus ergebenden Erkenntnisse zu sprechen kommt, die angesichts der existentiellen Entscheidung, die mit der Priesterweihe verbunden ist, sich sicher tiefenwirksam in das Denken Joseph Ratzingers eingegraben haben, aber doch eben subjektiv bleiben.

Es sind vor allem drei Aspekte, denen der Exeget, vor allem jener einer neutestamentlichen Provenienz, nachgehen sollte, darf er, der sich doch immer wieder in auch wissenschaftlicher Verantwortung mit dem Wort des Höchsten zu beschäftigen hat, doch getreu eines Wortes, das Petrus und Johannes im Angesicht des Hohen Rates, der sie zum Schweigen bringen möchte, gerade nicht schweigen:

Ob es vor Gott recht ist, mehr auf euch zu hören als auf Gott, das entscheidet selbst. Wir können unmöglich schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben. Apostelgeschichte 4,19-20

Der Kult und die Kultkritik

Joseph Ratzinger erkennt in seinem Text zu Recht den laikalen Charakter der Jesusbewegung. Die kommt aber nicht nur, wie er schreibt, der frühen Jesusbewegung zu, sondern der jesuanischen Lehre überhaupt. Die Jesusbewegung ist eine Laienbewegung, in deren Zentrum die Kritik am Kult steht. Im damaligen jüdischen Denken war der Kult die einzige Möglichkeit der Entsühnung. Dass Jesus als Nichtpriester Sünden vergibt, ist gerade deshalb ein Skandal, an dem sich die jüdischen Eliten zu seiner Zeit immer wieder reiben. Gerade hierin hat dann auch die sogenannte „Tempelreinigung“ ihren Sinn, die tatsächlich ja gar keine Reinigung war (wovon soll Jesus denn den Tempel gereinigt haben), sondern ein tiefsymbolischer und öffentlichkeitswirksamer Angriff auf den im Tempel vollzogenen Sühnekult:

Dann kamen sie nach Jerusalem. Jesus ging in den Tempel und begann, die Händler und Käufer aus dem Tempel hinauszutreiben; er stieß die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenhändler um und ließ nicht zu, dass jemand irgendetwas durch den Tempelbezirk trug. Er belehrte sie und sagte: Heißt es nicht in der Schrift: Mein Haus soll ein Haus des Gebetes für alle Völker genannt werden? Ihr aber habt daraus eine Räuberhöhle gemacht. Die Hohepriester und die Schriftgelehrten hörten davon und suchten nach einer Möglichkeit, ihn umzubringen. Denn sie fürchteten ihn, weil das Volk außer sich war vor Staunen über seine Lehre. Als es Abend wurde, verließ Jesus mit seinen Jüngern die Stadt. Markus 11,15-19 parr

Wie bedeutsam dieser Akt für Leben, Wirken und Botschaft Jesu war, wird schon daran deutlich, dass Johannes ihn in seinem Evangelium neben die Erzählung von der Hochzeit zu Kana (vgl. Johannes 2,1-12) an den Beginn stellt, so dass er wie ein Fanal für alles kommt, was Johannes sonst über Jesus sagen wird (vgl. Johannes 2,13-16).

Man muss hier genau hinsehen. Die Evangelisten zählen nicht nur auf, was dort verhandelt wurde – nämlich Tauben –, sondern auch dass es sich um Geldwechsler handelte. Bei dem einen handelt es sich um – wahrscheinlich koschere – Opfertiere, die für das Sühneopfer im Tempel benötigt wurden, bei dem anderen um ein Bankwesen, bei dem ausländische Währungen in die gültige Tempelwährung umzutauschen, so dass die dort tätigen Priester entlohnt werden konnten. Die symbolische Tat Jesu unterbindet damit den Sühnekult. Das wird unterstrichen, indem er verhindert, dass nichts durch den Tempelbezirk getragen werden konnte. Die symbolische Handlung Jesu wird damit zu einer prophetischen Kultkritik an einem Tempel, bei dem Sühne gegen Geld und oberflächliche Opfertun zu erlangen ist. Deshalb schilt er solches Handeln, dass aus dem Tempel eine Räuberhöhle wurde. Das Heil, die Sühne, ist in seiner Lehre aber gottunmittelbar ohne menschliche Mittler zu erlagen – umsonst, aus Glauben! Es ist der Glaube, durch den seine Machterweise wirken und aufgrund dessen er Sünden vergibt.

Zu fragen ist aber angesichts der fundamentalen jesuanischen Kritik am Kult als solchem, wie Joseph Ratzinger dann im letzten Abendmahl die Einsetzung eines neuen Kultes, für den es dann Priester braucht, die eben nicht mehr dem aaronitischen Priestertum entsprechen, sondern eines neuen Priestertums, sehen kann. Für ihn stehen nun die christlichen Ämter des Episkopos, des Presbyters und des Diakonos offen neben denen des mosaischen Gesetzes (Hohepriester, Priester und Leviten), die er sogar analogisch gleichsetzt (Episkopos=Hohepriester, Presbyter=Priester, Diakon=Levit). Es mag zutreffen, dass diese Analogie in der Väterzeit, in der das Christentum seine theologische Legitimation als Volk Gottes und die Kontinuität mit dem Volk Israel herstellen musste, gezogen wurde. Sie kann sich aber nicht nur nicht ohne Weiteres auf das Neue Testament berufen; auch ist die jesuanische Kultkritik so fundamental, dass die Einsetzung eines neuen Kultes, der das Heil zwischen Gott und Menschen vermitteln soll, gerade gegen die jesuanische Verkündigung der unmittelbaren Begegnung zwischen Gott und Menschen ohne Ansehen und Vorleistung der Person: Der Glaube der Menschen ist es, aus dem das Heil wirkt! Gerade deshalb behält der Tempel seine Bedeutung – aber eben nicht mehr der Tempel in Jerusalem, sondern die Glaubenden, die erkennen, dass sie Tempel des Heiligen Geistes sind:

Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wer den Tempel Gottes zerstört, den wird Gott zerstören. Denn Gottes Tempel ist heilig und der seid ihr. 1 Korinther 3,16-17

Nicht nur hier bleibt rätselhaft, wie man feststellen kann, dass

„diese neue Gründung des Kults und damit des Priestertums bei Paulus schon vollständig durchgeführt ist“6).

Das Gegenteil ist der Fall – und das nicht nur bei Paulus!

Priester auf ewig

Das führt zu einer zweiten Inkonsistenz. Allein schon die Ineinssetzung des Episkopos mit dem Hohenpriester scheitert am Neuen Testament. Es ist gerade das in seiner Sprache dezidiert kultisch geprägte Schreiben an die Hebräer, dass die Ausführungen des Altbischofs von Rom konterkariert:

Denn das Gesetz, das nur einen Schatten der künftigen Güter, nicht aber die Gestalt der Dinge selbst enthält, kann durch die immer gleichen, jährlich dargebrachten Opfer niemals diejenigen, die zu Gott hintreten, für immer zur Vollendung führen. Denn hätte man nicht aufgehört Opfer darzubringen, wenn die Opfernden kein Sündenbewusstsein mehr gehabt hätten, da sie ja ein für alle Mal gereinigt worden wären? Aber durch diese Opfer wird alljährlich nur an die Sünden erinnert, denn das Blut von Stieren und Böcken kann unmöglich Sünden wegnehmen. Darum spricht er bei seinem Eintritt in die Welt: Schlacht- und Speiseopfer hast du nicht gefordert, doch einen Leib hast du mir bereitet; an Brand- und Sündopfern hast du kein Gefallen. Da sagte ich: Siehe, ich komme – so steht es über mich in der Schriftrolle – , um deinen Willen, Gott, zu tun. Zunächst sagt er: Schlacht- und Speiseopfer, Brand- und Sündopfer forderst du nicht, du hast daran kein Gefallen, obgleich sie doch nach dem Gesetz dargebracht werden; dann aber hat er gesagt: Siehe, ich komme, um deinen Willen zu tun. Er hebt das Erste auf, um das Zweite in Kraft zu setzen. Aufgrund dieses Willens sind wir durch die Hingabe des Leibes Jesu Christi geheiligt – ein für alle Mal. Und jeder Priester steht Tag für Tag da, versieht seinen Dienst und bringt viele Male die gleichen Opfer dar, die doch niemals Sünden wegnehmen können. Dieser aber hat nur ein einziges Opfer für die Sünden dargebracht und sich dann für immer zur Rechten Gottes gesetzt; seitdem wartet er, bis seine Feinde ihm als Schemel unter die Füße gelegt werden. Denn durch ein einziges Opfer hat er die, die geheiligt werden, für immer zur Vollendung geführt. Hebräer 10,1-14

Das Neue am Neuen Bund liegt für den Autor des Hebräerschreibens gerade darin, dass das Opfer in Kreuzestod und Auferstehung Jesu Christi ein für allemal vollzogen ist. Das Opfer des mosaischen Bundes muss hingegen jährlich wiederholt werden. Das ist Aufgabe der Priester, die dann „Tag für Tag“ immer wieder die gleichen Opfer vollziehen müssen. Jesus selbst hingegen erscheint als der wahre und einzige Hohepriester, der ein einziges Mal das Opfer dargebracht hat, das allein für immer alle Sünden wegnimmt. Da gibt es nichts zu wiederholen. Der Kult ist am Kreuz vollzogen worden – unwiederholbar! Er ist durch den einzigen Priester vollzogen worden, den es geben kann: Jesus Christus! Er ist der wahre und einzige „Priester nach der Ordnung Melchisedeks“, der einmalig den unwiederholbaren Kultus vollzieht (vgl. hierzu Hebräer 7,17). Danach kann es keinen weiteren Kult mehr geben, das gesonderte Priester bräuchte – wohl aber eine λειτουργία (gesprochen: leitourgía), eine Liturgie – wörtlich: ein öffentlicher Dienst – in dem das Heilshandeln Gottes in Kreuzestod und Auferstehung Jesu Christi vergegenwärtigt wird. Wie wenig das Neue Testament hier aber ein dezidiertes Priesteramt vorsah, wird nicht nur im 1. Petrusbrief deutlich, indem die Versammlung als Ganzes als königliche Priesterschaft (βασίειον ἱεράτευμα – gesprochen: basíleion hieráteuma) bezeichnet wird:

Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat. 1 Petrus 2,9

Und schon wenige Verse zuvor heißt es:

Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen! 1 Petrus 2,5

Da ist aber nicht der einzige neutestamentlich Text, der nicht nur kein besonderes kultisches Priestertum kennt, sondern die Gottunmittelbarkeit der Glaubenden, die als Priester des Neuen Bundes in ihrem Leben als solchem einen Gottesdienst verrichten, weshalb Paulus die Thessalonicher auffordern kann:

Betet ohne Unterlass! 1 Thessalonicher 5,17

Damit ist sicher nicht ein immerwährender Kult gemeint, sondern eine Haltung, in der alles Tun, Handeln und Reden eines Menschen von der Haltung der Anwesenheit Gottes geprägt ist. Spiritualität ist eben nichts, was man mal macht, nichts Hinzukommendes, sondern eine Lebenshaltung! In dieser Haltung klingt es deshalb in der in der Offenbarung des Sehers Johannes geschilderte himmlischen Liturgie. Dort singen die vierundzwanzig Ältesten am Thron Gottes das Lamm lobpreisend über alle, die den Glauben bezeugen:

Würdig bist du, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen: denn du wurdest geschlachtet und hast mit deinem Blut Menschen für Gott erworben aus allen Stämmen und Sprachen, aus allen Nationen und Völkern und du hast sie für unsern Gott zu einem Königreich und zu Priestern (ἱερεῖς – gesprochen: hiereîs) gemacht; und sie werden auf der Erde herrschen. Offenbarung 5,9-10

Auch angesichts der endgültigen Entscheidung vor der Vollendung der Welt heißt es:

Selig und heilig, wer an der ersten Auferstehung teilhat! Über solche hat der zweite Tod keine Gewalt. Sie werden Priester (ἱερεῖς – gesprochen: hiereîs) Gottes und Christi sein und tausend Jahre mit ihm herrschen. Offenbarung 20,6

Beide Texte, vor allem die Offenbarung des Johannes, entstammen dem Ende des 1. Jahrhunderts. Nirgendwo ist die Rede von einem besonderen Kult, dem nun Priester eines neuen Typs vorstehen müssten. Im Gegenteil: Das neue Volk Gottes als solches ist eine heilige und königliche Priesterschaft, das Christus dient. Gerade hierin ist liturgisch auch der Dank an Gott, dass „Wir“ vor ihm stehen dürfen um ihm zu dienen begründet. Joseph Ratzinger stellt hier fest:

„Dieser Satz bedeutet nicht, wie einige Liturgiker uns einzureden versuchten, eine Festlegung, dass auch während des Hochgebets Priester und Gläubige zu stehen und nicht zu knien hätten.“7)

Später folgert er:

„Der Priester muss ein Aufrechter, ein Wachender, ein Stehender sein.“8)

Also steht nur der Priester? Wenn er „Wir“ betet, eignet er sich dann einen Pluralis maiestatis an? Wohl kaum! Es geht darum, dass die heilige Priesterschaft des Volkes Gottes vor Gott steht und ihm dient – inklusiv, nicht exklusiv einige wenige!

Ehelos? Aber nur eine kurze Zeit!

Damit kommen wir zu einem dritten Aspekt: der Ehelosigkeit. Joseph Ratzinger verweist auf die aus dem mosaischen Gesetz erwachsene Praxis, dass die Priester während des Tempeldienstes auf sexuelle Aktivitäten verzichten. Daraus folgert er, dass in dieser Kontinuität auch die Priester Jesu sich während der kultischen Zeiten zu enthalten hätten. Nun ist aber gerade die Frage des Kultes an sich, wie weiter oben deutlich wurde, kritisch zu sehen. Kann es nach der einmaligen Heilstat Jesu Christi in Kreuz und Auferstehung überhaupt noch einen Kult geben? Aber nicht nur das macht die Argumentation Ratzingers fraglich. Der Tempeldienst war immer ein Dienst auf Zeit und nicht lebenslang. Dementsprechend sind auch die im Neuen Testament zweifellos zu findenden Empfehlungen für ein eheloses Leben zu sehen. Jesus selbst stellt keine zwingenden Forderungen an ein eheloses Leben. Allerdings heißt es im Lukasevangelium:

Da sagte Petrus: Siehe, was wir besaßen, haben wir verlassen und sind dir nachgefolgt. Jesus antwortete ihnen: Amen, ich sage euch: Jeder, der um des Reiches Gottes willen Haus oder Frau, Brüder, Eltern oder Kinder verlassen hat, erhält dafür schon in dieser Zeit das Vielfache und in der kommenden Welt das ewige Leben. Lukas 18,28-30

Freilich muss man auch hier den Kontext beachten. Jesus befindet sich auf dem Weg nach Jerusalem. Die Tage der Entscheidung stehen bevor. Er schwört die Seinen auf diese Zeit ein, in der Ablenkungen durch die Familie gefährlich sein können – für die, die Jesus bestehen, wie für die Familien selbst. Diese Zeit wird vorüber gehen. Jetzt aber lohnt es sich, für die Sache Jesu mit ganzer Kraft einzutreten.

In der Tat werden die Jünger nach Kreuzestod und Auferstehung wieder zu ihren Familien zurückkehren – ja sie sogar auf ihren späteren Missionsreisen mitnehmen, wie aus einer paulinischen Notiz zu entnehmen ist:

Haben wir nicht das Recht, eine Schwester im Glauben als Frau mitzunehmen, wie die übrigen Apostel und die Brüder des Herrn und wie Kephas9)? 1 Korinther 9,5

Auch Paulus stellt also die Ehe nicht in Frage – und hier dürfte nicht von Josephsehen, wie Joseph Ratzinger meint, die Rede sein! Schließlich weiß Paulus um die triebhaften Bedürfnisse des Menschen, die gerade in seinen eigenen Überlegungen zur Ehelosigkeit eine zentrale Rolle spielen:

Nun zu dem aber, was ihr geschrieben habt: Es ist gut für den Mann, keine Frau zu berühren. Wegen der Gefahr der Unzucht soll aber jeder seine Frau haben und jede soll ihren Mann haben. Der Mann soll seine Pflicht gegenüber der Frau erfüllen und ebenso die Frau gegenüber dem Mann. Die Frau verfügt nicht über ihren Leib, sondern der Mann. Ebenso verfügt aber auch der Mann nicht über seinen Leib, sondern die Frau. Entzieht euch einander nicht, außer im gegenseitigen Einverständnis und nur eine Zeit lang, um für das Gebet frei zu sein! Dann kommt wieder zusammen, damit euch der Satan nicht in Versuchung führt, weil ihr euch nicht enthalten könnt. 1 Korinther 7,1-5

Die Gedanken des Paulus zeugen von großer Lebenserfahrung, weshalb er hinzufügt:

Das sage ich als Zugeständnis, nicht als Gebot. Ich wünschte, alle Menschen wären unverheiratet wie ich. Doch jeder hat seine eigene Gnadengabe von Gott, der eine so, der andere so. 1 Korinther 7,6-7

Die von ihm präferierte Ehelosigkeit ist eben eine ganz persönliche Entscheidung, die nicht gebunden ist an die Übernahme eines Amtes. Er entscheidet sich so, die Apostel haben sich eben anders entschieden. Aus seiner Sicht sind sie aber alle Apostel.

Für Paulus ist deshalb klar, dass Enthaltsamkeit immer nur eine kurze Zeit geht. Das gilt selbst im Angesicht der nah erwarteten Wiederkunft Christi:

Was aber die Unverheirateten betrifft, so habe ich kein Gebot vom Herrn. Ich gebe euch nur einen Rat als einer, den der Herr durch sein Erbarmen vertrauenswürdig gemacht hat. Ich meine, es ist gut wegen der bevorstehenden Not, ja, es ist gut für den Menschen, so zu sein. Bist du an eine Frau gebunden, suche dich nicht zu lösen; bist du ohne Frau, dann suche keine! Heiratest du aber, so sündigst du nicht; und heiratet eine Jungfrau, sündigt auch sie nicht. Freilich werden solche Leute Bedrängnis erfahren in ihrem irdischen Dasein; ich aber möchte sie euch ersparen. Denn ich sage euch, Brüder: Die Zeit ist kurz. Daher soll, wer eine Frau hat, sich in Zukunft so verhalten, als habe er keine, wer weint, als weine er nicht, wer sich freut, als freue er sich nicht, wer kauft, als würde er nicht Eigentümer, wer sich die Welt zunutze macht, als nutze er sie nicht; denn die Gestalt dieser Welt vergeht. 1 Korinther 7,25-31

Aber auch hier ist Paulus mit Blick auf das echte Leben ein weiser Ratgeber:

Wer sich gegenüber seiner Verlobten ungehörig zu verhalten glaubt, wenn sie herangereift ist und es so geschehen soll, der soll tun, wozu es ihn drängt, nämlich heiraten, er sündigt nicht. Wer aber in seinem Herzen fest bleibt, weil er sich in der Gewalt hat und seinem Trieb nicht ausgeliefert ist, wer also in seinem Herzen entschlossen ist, seine Verlobte unberührt zu lassen, der handelt gut. Wer seine Verlobte heiratet, handelt also gut; doch wer sie nicht heiratet, handelt besser. 1 Korinther 7,36-38

Kurz: Wenn das Begehren dich von den Vorbereitungen auf die Wiederkunft ablenkt, gibt ihm nach und heirate, damit du wieder frei wirst für die Vorbereitungen auf die Wiederkunft Christi. Wann nur in der Kirchengeschichte ist diese Weisheit verlorengegangen? Wie viele Priester, die in jungen euphorischen Jahren den Zölibat gelobten, ringen nun mit sich und werden von Christus so weggeführt. Die Christenheit war da schon mal weiser. Nicht der Zölibat macht heilig. Manche erfahren sogar Unheiligkeit durch ihn, weil er nicht frei macht, sondern zur Last wird. Gerät Christus da nicht aus dem Blick? Paulus war da wesentlich weiter …

Quo vadis, ecclesia?

Die Kirche hat immer wieder neue, dynamische und kreative Antworten auf die Herausforderungen der jeweiligen Zeiten gefunden. So kam es auch zum Priesteramt. Es mag sich nicht im Neuen Testament finden, ja vielleicht sogar nicht so einfach aus dem Neuen Testament heraus begründen lassen, trotzdem verdankt es sich dem Wirken des Heiligen Geistes, der die ἐπίσκοποι zur rechten Zeit auf den richtigen Weg wies, damit die Menschen zum fleischgewordenen Wort Gottes geführt werden und die Kirche so wachsen konnte. Der Geist Gottes hat nichts an seiner schöpferischen Macht eingebüßt. Sollten die ἐπίσκοποι der Gegenwart nicht auf ihn vertrauen und neue, schöpferische und dynamische Antworten finden? Das ist die Verheißung des Neuen Testaments – jenem Wort Gottes, das gilt:

Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt. Matthäus 28,19-20

Ob Joseph Ratzinger den hier diskutierten Text wirklich selbst geschrieben hat, ist nicht zu sagen. In seinem Duktus kommt das Wort Gottes hier aber nicht zu sich selbst, sondern wird einer vorgängigen These, wenn nicht gar einem Vorurteil dienstbar gemacht. Mit dieser Inkonsistenz macht sich aber nicht nur der Text angreifbar – er steht auch dem Wirken Gottes entgegen, dessen Sohn der einzige und wahre Hohepriester ist. Der Kult ist längst vollzogen, jetzt braucht es Liturgen – Menschen, die im öffentlichen Dienst das Wort Gottes in Wort und Tat, verbal und nonverbal verkünden und es im Gottesdienst jenes Leibes Christi feiern, in dem es verschiedene Rollen, Aufgaben und Ämter gibt, jede und jeder an seiner Stelle (vgl. 1 Korinther 12,12-30). Wahrlich: Die Herausforderungen heute sind wieder groß. Die Aufgabe ist gestellt, sie zu lösen. Quo vadis, ecclesia? Wohin gehst du, Kirche? Möge der Nachfolger Petri die richtigen Worte auf die Fragen finden. Die heilige und königliche Priesterschaft Jesu Christi harrt schon …

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Bildnachweis

Titelbild: Berg in Wolken (SaverioGiusti) – Quelle: pixabay – lizenziert mit Pixabay-Lizenz

Video 1: Kath 2:30 – Episode 35: cheirotoneîn (Katholische Citykirche Wuppertal/Christoph Schönbach) – Quelle: Vimeo – alle Rechte vorbehalten.

Video 2: Kath 2:30 – Episode 26: Der Laie (Katholische Citykirche Wuppertal/Christoph Schönbach) – Quelle: Vimeo – alle Rechte vorbehalten.

Einzelnachweis   [ + ]

1. Vgl. etwa Jan-Christoph Kitzler, Papstrücktritt war keine gute Idee, in: Deutschlandfunk Kultur, 19.1.2020, Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/kritik-am-verhalten-benedikts-xvi-papstruecktritt-war-keine.1278.de.html?dram:article_id=468137 [Stand: 19. Januar 2020].
2. Vgl. gloria.tv, de.news, 8.8.2017, Quelle: https://gloria.tv/post/9Q1WrkXN4YDz2odZhg2hRv4gL [Stand: 19. Januar 2020].
3. Vgl. hierzu auch den bei Twitter am 14.1.2020 veröffentlichten Tweet von Thomas Marschler, Professor für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Augsburg: „Die Debatte um das Sarah/Benedikt-Buch ist schon jetzt ein faszinierendes Beispiel dafür, wie ein nur fragmentarisch bekannter Text völlig von einem Metatext verschlungen wird, der allein um Fragen nach Autor und Autorität kreist. Um eine Titelseite mit einem Namen und Bild.“ (Quelle: https://twitter.com/TMarschler/status/1217147624328962051 [Stand: 20. Januar 2020]
4. Der Text ist auch in der Online-Ausgabe der „Tagespost“ unter https://www.die-tagespost.de/kirche-aktuell/aktuell/Das-katholische-Priestertum;art4874,204596 [Stand: 20. Januar 2020] verfügbar.
5. Joseph Ratzinger/Benedikt XVI, Das katholische Priestertum, in: Tagespost online, 15.1.2020, Quelle: https://www.die-tagespost.de/kirche-aktuell/aktuell/Das-katholische-Priestertum;art4874,204596 [Stand: 20. Januar 2020] – im Eingang des Artikels findet sich der Hinweis: „Der Text wird als exklusiver deutscher Vorabdruck mit freundlicher Genehmigung des Fe-Medienverlags publiziert. Das Buch von Robert Kardinal Sarah mit diesem Beitrag von Benedikt XVI. erscheint am 21. Februar 2020 unter dem Titel ‚Aus der Tiefe des Herzens‘ im Fe-Medienverlag.“
6. Joseph Ratzinger/Benedikt XVI, Das katholische Priestertum, in: Tagespost online, 15.1.2020, Quelle: https://www.die-tagespost.de/kirche-aktuell/aktuell/Das-katholische-Priestertum;art4874,204596 [Stand: 20. Januar 2020].
7. Joseph Ratzinger/Benedikt XVI, Das katholische Priestertum, in: Tagespost online, 15.1.2020, Quelle: https://www.die-tagespost.de/kirche-aktuell/aktuell/Das-katholische-Priestertum;art4874,204596 [Stand: 20. Januar 2020].
8. Joseph Ratzinger/Benedikt XVI, Das katholische Priestertum, in: Tagespost online, 15.1.2020, Quelle: https://www.die-tagespost.de/kirche-aktuell/aktuell/Das-katholische-Priestertum;art4874,204596 [Stand: 20. Januar 2020].
9. Kephas ist der hebräische Name für Petrus.
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3 Replies

  1. Guten Morgen Herr Dr. Kleine

    Mich bewegt einig Fragen:

    Waren die Apostel verheiratet oder nicht. Diese Frage wird eigentlich mit” Ja” beantwortet.

    Wenn ich die Stellen im Neuen Testament richtig verstehe, verliessen die Apostel ihre Ehefrauen und die Kinder, um einem Mann nach zu folgen?

    Welche Folge hatte dieses “Verlassen” für die Frauen und die Kinder der Apostel?

    Wer sorgte für den Unterhalt dieser Familien?

    Wer sorgte für die religiöse Erziehung der Kinder? Dieser Aspekt scheint mir besonders wichtig. Heute sorgt die Mutter, wenn überhaupt, für die religiöse Erziehung und kaum der Vater.

    Wie wurde damals “Seder” vor dem Pessach-Festes gefeiert?

    Der Hausvater, das Familien-Oberhaupt, spielt heute eine tragende Rolle. Ebenso die “Warum” Frage am Anfang des Anlasses durch den Jüngsten?

    War die jüdische Ehe, wie heute, nach katholischem Verständnis “Bis der Tod euch scheidet”?

    Brachen die Apostel das Eheversprechen und Erneuerung des Eheversprechens?

    Und überhaupt, waren die Apostel “Katholisch”?

    • Lieber Herr Fässler, ich versuche, Ihre Fragen zu beantworten:

      Waren die Apostel verheiratet oder nicht. Diese Frage wird eigentlich mit” Ja” beantwortet.

      Ob alle Apostel verheiratet waren, kann man aufgrund der neutestamentlichen Informationen nicht sagen. Auf jeden Fall waren einige der Apostel verheiratet – mit Sicherheit Petrus, dessen Schwiegermutter erwähnt wird (vgl. Markus 1,29-31 parr), aber auch andere Apostel werden verheiratet gewesen sein. Darauf deutet die Notiz in 1 Korinther 9,5 hin, die in Mehrzahl von verheirateten Aposteln spricht. Zu schärfen wäre freilich der Begriff “Apostel”, den Sie und ich hier auf den Zwölferkreis anwenden, wie es traditionell auch sonst oft geschieht. Unter “Apostel” oder “Apostolin” kann man aber auch allgemein “Gesandte” verstehen, die das Evangelium verkündeten. Maria Magdalena etwa wird häufig Apostolin genannt, ohne dass sie zum Zwölferkreis gehörte. Aber zu Ihrer Frage muss man eindeutig feststellen, dass wenigstens einige der Zwölf verheiratet waren.

      Wenn ich die Stellen im Neuen Testament richtig verstehe, verliessen die Apostel ihre Ehefrauen und die Kinder, um einem Mann nach zu folgen?

      Das ist bei genauerer Betrachtung (und darauf gehe ich in dem Beitrag ein), so weder falsch noch richtig. Jesus fordert auf, sich in der aktuellen Situation seiner Bewegung, die auf den Höhepunkt der Auseinandersetzung mit seinen Gegner zusteuert, nicht von familiären Belangen ablenken zu lassen. Das ist eine Aufforderung “auf Zeit” – nicht grundsätzlich. Es geht vllt. um 3-6 Monate – mehr nicht. Tatsächlich kehren die Jünger – auch die Elf (Judas Ischarioth ist ja nicht mehr dabei) nach Kreuezstod und ersten Auferstehungerfahrungen ja nach Galiläa zurück, wo sie wieder auf Ihre Familien treffen. Dort – am See Genezareth – ereignen sich dann weitere Auferstehungserfahrungen.

      Welche Folge hatte dieses “Verlassen” für die Frauen und die Kinder der Apostel?

      Wie gesagt: Das “Verlassen” war auf Zeit, nicht grundsätzlich. Das aber war in der damaligen Kultur durchaus üblich, wenn man auf Reisen etwa zum Zwecke des Handelns, einer Wallfahrt oder einem besonderen Anlass (als solches haben die Jünger wohl auch das “anbrechende Reich Gottes” verstanden) ging.

      Wer sorgte für den Unterhalt dieser Familien?

      Da es sich um ein Projekt “auf Zeit” handelte, dürften die verantwortlichen Familienväter – wie auch sonst, wenn sie die Familien vorübergehend allein lassen mussten – Vorsorge getroffen haben. Später, auf ihren Verkündigungsreisen, nehmen sie ihre Familien ja mit. Die Notiz in 1 Korinther 9,5f deutet darauf hin, dass die frühchristlichen Gemeinden für deren Unterhalt sorgten. Paulus wertet es ja sogar gewissermaßen als Alleinstellungsmerkmal, dass er das für sich nicht in Anspruch nimmt (er musste eben auch nicht für eine Familie sorgen).

      Wer sorgte für die religiöse Erziehung der Kinder? Dieser Aspekt scheint mir besonders wichtig. Heute sorgt die Mutter, wenn überhaupt, für die religiöse Erziehung und kaum der Vater.

      Das dürfte damals nicht anders gewesen sein – wobei “Familie” damals nicht bloß aus Vater, Mutter, Kind bestand, sondern auch aus Sklaven (man denke etwa an Philemon), die oft für die Erziehung der Kinder zuständig waren. Man darf aber auch nicht vergessen, dass das frühe Christentum eine Erwachsenenreligion war. Kinder wurde nicht getauft, sondern nur Erwachsene. Die Kinder nahmen wohl am gemeindlichen Leben teil und wuchsen so in den Glauben hinein. Die Glaubensunterweisung fand aber erst im Erwachsenenalter statt (vgl. etwa den Hinweis in Hebr 5,11-14 oder die Einführung in die mystagogische Katechese von Kyrill von Jerusalem).

      Wie wurde damals “Seder” vor dem Pessach-Festes gefeiert?

      Das kann man nicht genau sagen. Die “Seder”-Feier, wie sie heute begangen wird, ist erst später – nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels – entstanden, als Werk des entstehenden rabbinischen Judentums. Es wird Anklänge aus der Tradition davor enthalten – wobei nicht klar ist, ob die einheitlich im Sinn der Halacha war.

      Der Hausvater, das Familien-Oberhaupt, spielt heute eine tragende Rolle. Ebenso die “Warum” Frage am Anfang des Anlasses durch den Jüngsten?

      Die Rolle des Hausvaters wird – unabhängig von der offenen Frage nach der Form – Jesus als Führungspersönlichkeit seiner Bewegung übernommen haben (möglicherweise dann der Jünger, den Jesus liebte, als der Jüngste (?), der an seiner Brust ruht, die Rolle des Fragenden?). Es wird angenommen, dass Jesus im Rahmen des Seder-Mahles dann Brot und Wein mit neuer Deutung versah. Dabei wäre zu klären, ob das letzte Abendmahl überhaupt ein Seder-Mahl war. Nach den Synoptiker war es da, nach Johannes nicht. Ich persönlich folge der synoptischen Linie. Es gibt aber Exegeten, die Johannes des Vorzug geben.

      War die jüdische Ehe, wie heute, nach katholischem Verständnis “Bis der Tod euch scheidet”?

      Nein – eine Ehe konnte durch Übergabe eines Scheidungsbriefes geschieden werden. Jesus selbst nimmt dazu Stellung: “Ferner ist gesagt worden: Wer seine Frau aus der Ehe entlässt, muss ihr eine Scheidungsurkunde geben. 32 Ich aber sage euch: Wer seine Frau entlässt, obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt, liefert sie dem Ehebruch aus; und wer eine Frau heiratet, die aus der Ehe entlassen worden ist, begeht Ehebruch.” (Matthäus 5,31f – siehe auch Matthäus 19,3-12) Die römisch-katholische Lesart, die Ehe gelte bis zum Tod, führt sich auf das Wort Jesu in Matthäus 19,6 zurück: “Was Gott verbunden hat, darf der Mensch nicht trennen.” – es wird in der Tradition der orthodoxen Kirchen übrigens noch radikaler ausgelegt, insofern dort die Ehe über den Tod hinaus gilt. Das bedeutet, dass auch eine Witwe oder ein Witwer bei erneuter Heirat eine Bußritus ablegen muss, wie bei der Wiederverheiratung Geschiedener.

      Brachen die Apostel das Eheversprechen und Erneuerung des Eheversprechens?

      Nein, Sie waren verheiratet, blieben verheiratet und lebten mit ihren Familien weiter (s.o.)

      Und überhaupt, waren die Apostel “Katholisch”?

      Das ist eine interessante Frage – im konfessionellen Sinn sicher nicht, weil es noch keine Konfessionen gab. Sie waren vor allem eines: Apostolisch. Sie bilden das Fundament der Kirche, deren Apostolizität durch die Treue zu ihrer Überlieferung begründet ist. In der römisch-katholischen Kirche, der orthodoxen Kirche und vielen anderen Kirchen mit Ausnahme der Kirchen, die aus der Reformation hervorgegangen sind, ist die Apostolizität im Bischofsamt begründet. Bischöfe (wie gesagt: Mit Ausnahme der aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen) stehen durch Handauflegung und Gebet in einer Verbindung mit den Aposteln (die sog. “apostolische Sukzession”). “Katholisch” als Wort ist eben auch keine Konfessionsbezeichnung, sondern eine Wesensbeschreibung der Kirche, die soviel wie “umfassend” oder “universell” bedeutet. Das Wort geht auf Kaiser Theodosius zurück, der um 380 n.d.Z. im Dreikaiseredikt “Cunctos populo” festschreibt: “Nur diejenigen, die diesem Gesetz folgen, sollen, so gebieten wir, katholische Christen heißen dürfen”. Im Deutschen ist “katholisch” eine Verkürzung von “römisch-katholisch”, das dann eine Konfessionsbezeichnung für jene Christen ist, die dem römischen Ritus folgen. Im eigentlichen Sinn des Wortes sind eben auch orthodoxe, anglikanische usw. Christen “katholisch” – auch evangelische Christen -, wenn sie dem rechtgläubigen Glaubensbekenntnis, wie es in Nicäa (325 n.d.Z.) und später Konstantinopel (381 n.d.Z.) formuliert wurde, folgen. Dieses Glaubensbekenntnis ist auch als das “große Glaubensbekenntnis” bekannt und wird in der römisch-katholischen Liturgie jeden Sonntag nach der Predigt bekannt.

      Ich hoffe, das beantwortet Ihre Fragen.

      Mit herzlichem Gruß,
      Dr. Werner Kleine

  2. Guten Abend Herr Dr. Kleine

    Selbstverständlich kümmerten sich die verheirateten Apostel um ihre Familien, daran hatte ich nie gezweifelt!

    Sie kamen wohl kaum nach Hause mit der Botschaft an die “Beste Ehefrau von Allen”, darin tummelt sich ein wenig Ephraim Kishon:

    “Schatz, ich haben den Rabbi meines Lebens gefunden und folge ihm nach!”

    Einige waren Fischer, ob Fischer arm sein müssen glaube ich nicht. Frischer Fisch war auf nicht nur von den Römern besuchten Märkten begehre Lebensmittel, mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis.

    Auch Handwerker waren für die Baulust der Römer gesuchte und gut bezahlt! Sepphoris lag in der Nähe von Nazaret, gemäss Wikipedia 8 km entfernt. Den Sabbat konnten die Handwerker, z.B. Joseph wie das Gesetz es vorschrieb zu Hause “gefeiert” werden.

    Der Sabbat, ein guter Tag, um den Söhnen und Töchtern die Heiligen Bücher zu lehren.

    Unter der Woche kümmerte sich ev. ein Bruder oder der älteste Sohn um die Familie.

    Mit 13 Jahren galt Jesus in Religiösen Dingen als Erwachsen und Verantwortlich für sein Tun.

    Die Apostel kümmerten sich mit Sicherheit um die religiöse Erziehung in ihren Familien.

    Gruss Benno Fässler

    Das Wort Bebbi wählte ich, weil ich im Vorfeld der Abstimmung über das Verbot von Minaretten nach einem Leserbrief von einem Vorort-Gemeindepräsidenten telefonisch angegriffen wurde.