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Ecclesiastica·Exegetica

Der Kirche dankbar sein! Ein gutes Wort aus dem Alten Testament über die Kirche

Die Kritik hat Hochkonjunktur. Von theologischen Lehrstühlen und aus Kirchenbänken wird die Krise herbeigeredet, die doch schon längst da ist. Kirche, das bedeutet heute im Rauschen der Öffentlichkeit: Missbrauch, Patriarchat und eine fast überflüssige Vergangenheit. „Ich denke, dass die Menschen in der Kirche anfangen müssen, über die Kirche gut zu reden. Wenn die ganze Zeit nur Kritik geübt wird, dann hat das eine verheerende Wirkung auf das Image der Kirche,“ bemerkt der Soziologe Detlef Pollack zum Zustand der Kirche in Deutschland.1) An die Priester weltweit gerichtet schrieb Papst Franziskus nun: „Ohne den von einigen unserer Brüder verursachten Schaden zu leugnen oder zu verkennen, wäre es ungerecht, viele Priester nicht anzuerkennen, die beständig und tadellos alles, was sie sind und haben, zum Wohl der anderen aufwenden”, und dankte ihnen für ihren Dienst ausdrücklich.2) Nein, nicht alles in der Kirche ist schlecht. Und ja, wir leben in einer Welt, in der Kirche sowohl Segen als auch Unheil sein kann – und in dieser Situation ist Dankbarkeit eine wegweisende Haltung, wenn man sie im Sinne des Alten Testaments versteht.

Lobpreist!

In der deutschen Grammatik scheint der Dank eine sehr egoistische Handlung zu sein: Im Danken bedanke ich mich bei jemandem oder für etwas. In der hebräischen Bibel hingegen bedeutet zu danken, einen Lobpreis zu sprechen. Das hebräische Wort ידה (gesprochen: jada), das unter anderem „danken“ bedeutet, hat die Grundbedeutung „lobpreisen / bekennen“. Als zum Beispiel König David die im Krieg verlorene Bundeslade nach Jerusalem bringt, dankt er, indem er das Volk auffordert, vor allen Völkern einen Lobpreis auf den Gott Israels zu singen:

Dankt [‎הוֹדוּ, gesprochen: hodu] dem HERRN! Ruft seinen Namen an! Macht unter den Völkern seine Taten bekannt! 1 Chronik 16,8

Im hebräischen Denken führt der Dank immer direkt zum Lobpreis. In diesem Sinne bedeutet „danken“ auch Verkündigung. Der Refrain hierfür wird in den Psalmen gegeben:

Halleluja! Dankt [‎הוֹדוּ, gesprochen: hodu] dem HERRN, denn er ist gut, denn seine Huld währt ewig. Psalm 106,1 u.ö.

Und dieser Dank ist fast ausschließlich Gott vorbehalten. Abgesehen von vier Bibelstellen wird das Verb ידה ausschließlich auf Gott als Objekt bezogen.3) Der zwischenmenschliche Dank wird in der Hebräischen Bibel anders formuliert.

Segnet!

Als der Prophet Elisa seine Dankbarkeit, für die von ihm durch eine fremde Frau erfahrene Gastfreundschaft zum Ausdruck bringen will, geht es ihm nicht nur um ein Dankeswort, sondern er fragt:

Du hast dir so viel Mühe um uns gemacht. Was können wir für dich tun? 2 Könige 4,13

Dankbarkeit ist kein Status, sondern ein Drang zu einer guten Tat. Man möchte selbst zum Segen für den anderen werden. Dies spiegelt sich auch in der Sprache der Hebräischen Bibel wider. Dankesworte sind Segensworte. Als zum Beispiel die mittellose Witwe Noomi erfährt, wie gut der Landbesitzer Boas an ihrer Schwiegertochter gehandelt hat, sagt sie:

Gesegnet sei er vom HERRN, der seine Güte den Lebenden und Toten nicht entzogen hat. Rut 2,20

Der Segenswunsch ist ebenso eine Handlung, die nicht einfach beim Dank stehen bleibt. Im Endeffekt wird der Dank vor Gott gebracht in dem Wunsch, dass er das Gute mit Gutem vergelten möge.

Dankbarkeit

Ja, in der gesamten Kirchenkrise darf man nicht vergessen, auch dankbar zu sein. Oft wird darauf hingewiesen, welche hohe Bedeutung der caritative Einsatz der Kirche für die Gesellschaft und die gesamte Welt hat. Doch das deutsche Wort „danken“ leitet sich von „denken“ ab. Ein unreflektierter Dank ist nur eine leere Worthülse. Der Weg aus der Kirchenkrise führt nur durch einen Dank, der Lobpreis Gottes ist und eben nicht Ämtern oder Organisationen dient, sondern Gott verkündet. Möge der Gott der Barmherzigkeit und des Gerichts diejenigen segnen, die versuchen die Kirche aus den Krisen zum Lobpreis zu führen.

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Einzelnachweis   [ + ]

1. “Menschen sollten auch darüber reden, was sie an Kirche bindet”, Leticia Witte (KNA), katholisch.de, 20.07.2019.
2. Papst dankt “tadellosen” Priestern in aller Welt für ihren Dienst, katholisch.de, 04.08.2019.
3. Die vier Stellen sind: Genesis 49,8: Ps 45,18; Ps 49,19-20; Ijob 40,14.
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