„Wir sehen uns in der lichten Ewigkeit,“ ist eines der letzten überlieferten Worte des Franziskanerpaters Kilian Kirchhoff. Er wurde vor 75 Jahren am 24. April 1944 als Gegner des Nationalsozialismus enthauptet. Am Ostermorgen, in aller Frühe als die Sonne durch die Finsternis brach, schien diese Ewigkeit in die Finsternis des Grabes. Als die Frauen den Leichnam nicht an seiner Stelle fanden, wunderten sich sich:
Und es geschah, während sie darüber ratlos waren, siehe da traten zwei Männer in leuchtenden Gewändern zu ihnen.
Im Matthäusevangelium ist es nur ein Bote Gottes, dessen Aussehen „wie ein Blitz und sein Gewand weiß wie Schnee“ waren (Matthäus 28,3).
Lichtdurchströmt
Durch fast alle Religionen der Menschen hindurch scheint die Idee eines göttlichen Lichtes oder Widerscheins. Das ist auch in der Bibel nicht anders – von Beginn der Schöpfung,
Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht.
bis zum Ende der Weltgeschichte im himmlischen Jerusalem,
Die Stadt braucht weder Sonne noch Mond, die ihr leuchten. Denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie und ihre Leuchte ist das Lamm.
Auf dem Weg des Heils bricht immer wieder das göttliche Licht in die Finsternis der Welt. Zum Beispiel in den Verheißungen an König David, an denen Jesus Christus als „Sohn Davids“ teilhat. In den Königebüchern heißt es mehrmals in verschiedenen Formulierungen bezogen auf die andauernde Herrschaft der Davidsdynastie nach dem Tod König Davids:
er [Gott] werde ihm [David] eine Leuchte geben
Die andauernde Herrschaft der Nachkommenschaft König Davids wird in diesen Aussagen mit den hebräischen Wort נִיר (gesprochen: nir) formuliert. Unter den Auslegern ist die Bedeutung dieses Wortes umstritten. Am wahrscheinlichsten ist eine Ableitung von dem hebräischen Wort נֵר (gesprochen: ner), das eben „Lampe“ oder „Leuchte“ bedeutet. In der Forschung gibt es aber auch die Annahme, dass das Wort mit einem Wort einer anderen semitischen Sprache zusammenhängt. Im Akkadischen bedeutet ein ähnliches Wort „Herrschaft“ und mit eben dieser Bedeutung wird נִיר auch in der antiken Übersetzung ins Aramäische wiedergegeben. Gott lässt die von ihm gewollte Herrschaft aufstrahlen.
Pessachreinigung
Im Judentum gehört es zum Pessachfest, das in diesen Tagen gefeiert wird, dass an den Tagen vor dem Festbeginn mit einer Kerze in den Ecken des Hauses, nach den letzten Krümeln Chametz gesucht wird. Im Haus darf kein gesäuertes Getreide mehr sein, denn an Pessach soll das Volk Israel in Erinnerung an den hastigen Auszug aus Ägypten in die Freiheit nur ungesäuertes Brot, die Nahrung von Nomaden essen. An dieses Gebot erinnert Paulus die Gemeinde in Korinth:
Zu Unrecht rühmt ihr euch. Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert? Schafft den alten Sauerteig weg, damit ihr neuer Teig seid! Ihr seid ja schon ungesäuertes Brot; denn als unser Paschalamm ist Christus geopfert worden. Lasst uns also das Fest nicht mit dem alten Sauerteig feiern, nicht mit dem Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit den ungesäuerten Broten der Aufrichtigkeit und Wahrheit!
Den Sauerteig, der die Welt vor dem Tod und der Auferstehung Jesu durchwirkte, gilt es mit einer Leuchte zu suchen und zu vernichten. In der griechisch-sprachigen Welt war Sauerteig auch ein Sinnbild für Fäulnis, Zersetzung und den Tod, Es war ein Bild für die Ansteckungsgefahr durch das Böse. Und zugleich ist das ungesäuerte Brot in der jüdischen Tradition ein Bild des Neuanfangs – wie in der Nacht des ersten Pessach kurz vor der Befreiung aus Ägypten (siehe Exodus 12).
Im Licht des Evangeliums
Die vier Evangelien sind sich uneinig darüber, ob Jesus Tag vor dem Pessachmahl oder am Tag danach gestorben ist,1) aber die Auferstehung geschah ohne Zweifel in den sieben Tagen, an denen Israel gemäß den biblischen Vorschriften nur ungesäuertes Brot essen durfte. Vielleicht ist es auch an der Zeit für die Kirche vor dem nächsten Osterfest mit einer Leuchte durch ihre dunklen Winkel zu gehen und den Sauerteig der Fäulnis, der Zersetzung und des Todes zu suchen, zu finden und zu vernichten, damit beim nächsten Osterfest die Kirche selbst eine Auferstehung feiern kann aus den finsteren Zeiten der Krisen – so dass sie wieder selbst ein Widerschein des göttlichen Lichts in der Welt ist. Dazu muss sie sich selbst im Licht des Evangeliums hinterfragen, damit in der Welt Gott wieder aufstrahlt in denjenigen, die auf ihn verweisen.
Bildnachweis
Einzelnachweis
1. | ↑ | Vgl. unter anderem dazu: “Todsicher auferstanden”, Werner Kleine, Dei Verbum, 16.04.2019. |