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Nächstenliebe? Verdammt! Ein Essay über die Irrungen und Wirrungen eines christlichen Urideals


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Liebe ist ein Wort im Grauen. Der Gebrauch dieses Wortes ist so inflationär, dass seine Leuchtkraft zu erlöschen droht. Was heißt es schon, wenn man im Rausch der Hormone einem anderen Menschen zuhaucht „Ich liebe dich“, bei der ersten Krise aber zuvorderst um die eigenen Bedürfnisse ringt? Was heißt es, wenn Theologen in einem zwischen lapidar Banalem und mystischer Weltentfremdung Changieren davon reden, Gott sei Liebe? Große Worte eignen sich hervorragend, die immanent semantischen Hohlräume mit großen Phantasien zu füllen, die – bar jeder Realität – dem Gesagten die Qualität einer in schillernden Farben dahinschwebenden Seifenblase zumessen. Luftig, hohl, seifig – ein kurzer Traum im grauen Alltag, mehr nicht. Zerstoben in ein feuchtes Nichts bleibt noch nicht einmal eine Vision. Wer so von der Liebe redet, hat ihr ergreifendes Grauen, ihren lebendigmachenden Schrecken, ihre furchtbaren Abgründe nie erlebt. Nur der ist bereit, sein Leben für die Liebe zu geben, der bereit ist, ihr Grauen zu ertragen.

Nichts für Romantiker

Die romantisierende Rede von der Liebe erträgt ihren Schrecken nicht. Rosa ist keine Farbe des Blutes, pink mehr Zustand denn Verheißung. Das Pastellene sucht den Schrecken zu lindern, jenen Schrecken, von dem im Alten Testament das Hohe Lied spricht:

Leg mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel auf deinen Arm, denn stark wie der Tod ist die Liebe, die Leidenschaft ist hart wie die Unterwelt! Ihre Gluten sind Feuergluten, gewaltige Flammen. Mächtige Wasser können die Liebe nicht löschen, auch Ströme schwemmen sie nicht hinweg. Böte einer für die Liebe den ganzen Reichtum seines Hauses, nur verachten würde man ihn. Hohes Lied 8,6-7

Wer über die Liebe spricht, darf nicht belanglos werden. Die wahre Liebe, die blutrote, verträgt keine Banalitäten. Wer etwa vom Gott der Liebe redet, muss sagen, was für eine Liebe das ist, sonst wird aus dem Gott einer fürchterlichen, abgründigen, fordernden Liebe nur allzu schnell der liebe Gott, dessen Sohn, der liebe Jesus, ein guter Mensch war, der von bösen Menschen, die nicht wollten, dass der liebe Jesus gute Sachen macht und nette Worte sagt, umgebracht wurde. Wer glaubt denn so was?

Wer so von der Liebe redet, macht die Liebe grau, schrecklich farblos. Für eine solche Liebe lohnt es sich nicht, sein Leben hinzugeben.

Anders dagegen Paulus, der das Fordernde leidenschaftlicher Liebe geradezu hymnisch besingt:

Wenn ich in den Sprachen der Menschen und Engel redete, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke. Und wenn ich prophetisch reden könnte und alle Geheimnisse wüsste und alle Erkenntnis hätte; wenn ich alle Glaubenskraft besäße und Berge damit versetzen könnte, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich nichts. Und wenn ich meine ganze Habe verschenkte und wenn ich meinen Leib opferte, um mich zu rühmen, hätte aber die Liebe nicht, nützte es mir nichts. Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf. Sie handelt nicht ungehörig, sucht nicht ihren Vorteil, lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach. Sie freut sich nicht über das Unrecht, sondern freut sich an der Wahrheit. Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf. Prophetisches Reden hat ein Ende, Zungenrede verstummt, Erkenntnis vergeht. 1 Korinther 13,1-8

Wahre Liebe

Die Liebe wird hier zum Ausweis und zur Grundhaltung des Christlichen. Dabei ist eine wichtige Differenzierung notwendig, denn im Unterschied zur deutschen Sprache differenziert das griechische, welche Liebe gemeint ist. Es kennt den ἔρως (gesprochen: éros), der die körperliche Liebe beschreibt, dann die φιλία (gesprochen: filía), die eher die freundschaftliche Liebe umschreibt, und schließlich die ἀγάπη (gesprochen: agápe), die hingebende Liebe. Paulus spricht in seinem Liebeslied von eben dieser ἀγάπη. Die ἀγάπη beschreibt die Grundhaltung derer, die an den vom Kreuzestod Auferstandenen glauben. Denn es ist ja gerade diese Tat Jesu, in der sich die ἀγάπη Gottes zu den Menschen erweist. Ἀγάπη verträgt keine Lippenbekenntnisse, denn ἀγάπη ergreift Seele und Leib, drängt zur Tat, wird zur Grundhaltung des Christlichen schlechthin. Nicht ohne Grund schreibt deshalb der Muslim Navid Kermani:

„Wenn ich etwas am Christentum bewundere, oder vielleicht sollte ich sagen: an den Christen, deren Glaube mich mehr als nur überzeugte, nämlich bezwang, aller Einwände beraubte, wenn ich nur einen Aspekt, eine Eigenschaft zum Vorbild nehme, zur Leitschnur auch für mich, dann ist es nicht etwa die geliebte Kunst, nicht die Zivilisation mitsamt der Musik und Architektur, nicht dieser oder jener Ritus, so reich er auch sein mag. Es ist die spezifisch christliche Liebe, insofern sie sich nicht nur auf den Nächsten bezieht. In anderen Religionen wird ebenfalls geliebt, es wird zur Barmherzigkeit, zur Nachsicht, zur Mildtätigkeit angehalten. Aber die Liebe, die ich bei vielen Christen und am häufigsten bei jenen wahrnehme, die ihr Leben Jesus verschrieben haben, den Mönchen und Nonnen, geht über das Maß hinaus, auf das ein Mensch auch ohne Gott kommen könnte: Ihre Liebe macht keinen Unterschied.“1)

Selbstliebe ist keine Leistung

Man muss das Zitat Navid Kermanis aufmerksam lesen. Das ihn Beeindruckende ist die Liebe, die keinen Unterschied macht, eine Liebe, die sich eben nicht nur auf den Nächsten bezieht. Dabei schalten selbst viele Christgläubige vor die Nächstenliebe zuerst die Selbstliebe. Es heißt doch:

Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Markus 12,31

Dabei zitiert das Markusevangelium hier Levitikus 19,18.

Tatsächlich suggeriert die Vergleichspartikel „wie“ (griechisch: ὡς – gesprochen: hos), dass die Selbstliebe zum Relationspunkt der Nächstenliebe wird. Man müsste sich also erst einmal selbst lieben, bevor man sich dem oder der Nächsten in Liebe zuwendet.

Nun insinuiert aber eine Vergleichspartikel nicht, dass etwas hergestellt werden müsste. Vielmehr ist der Relationspunkt das, was schon Bestand hat. Gerade deshalb eignet es sich als Ankerpunkt für den Vergleich. Die Selbstliebe ist das, was schon da ist. Es mag sein, dass manch einem Menschen das Selbstvertrauen fehlt, ja vielleicht sogar die Selbstachtung. Beide speisen sich aber letztlich sogar aus der Selbstliebe, denn sie ist auch hier der Relationspunkt. Weil die Liebe des eigenen Selbst und das so entstandene Selbstbild keine Bestätigung von außen finden, entsteht eben jene Kränkung, die das Vertrauen in das eigene Selbst verursacht. Die selbstverliebte Ich-Fixiertheit könnte nur durchbrochen werden, wenn man sich selbst eben nicht so ernst und wichtig nimmt, wenn man das eigene Scheitern-Dürfen akzeptiert. Nein, Selbstliebe ist meist nicht etwas, was man erst herstellen muss. Der menschliche Selbsterhaltungstrieb ist in der Regel so groß, dass genug Liebe für sich selbst vorhanden ist.

Genau deshalb sagt die von Jesus aus dem Buch Levitikus 19,18 übernommene Sentenz ja auch nicht: Liebe dich zuerst und dann deinen Nächsten, sondern:

Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Markus 12,31

„Du sollst“ – das Verb ἀγαπήσεις ist grammatikalisch ein Futur Aktiv Indikativ. Es ist also kein Wunsch. Es ist auch kein Befehl. Es ist die einfache Feststellung, dass die Nächstenliebe eintreten wird. Einen Wunsch könnte man ignorieren, einen Befehl verweigern. Die indikativische Form aber zeigt, dass etwas mit absoluter und unzweifelhafter Sicherheit eintreten wird. Nächstenliebe ist Pflicht!

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Nächstenliebe bedeutet echte Arbeit! (Vincent van Gogh, Der gute Samariter, 1890)

Zur Nächstenliebe verdammt

Es gibt also für die, die sich auf den vom Kreuzestod Auferstandenen berufen keine Alternative zu Nächstenliebe. Die Christgläubigen sind zur Nächstenliebe verdammt. Sie haben keine Wahl. Liebe aber ist nie nur Bekenntnis, Liebe ist immer Tat. Wo die Liebe nicht zur Tat wird, entartet die Liebe zu einem Lippenbekenntnis, das keine Seifenblasen mehr bestaunt, sondern vor Herpesbläschen juckt.

Wie ernst es Jesus mit der Nächstenliebe selbst meint, wird in einem Gleichnis deutlich, das im Lukasevangelium überliefert ist:

Und siehe, ein Gesetzeslehrer stand auf, um Jesus auf die Probe zu stellen, und fragte ihn: Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben? Jesus sagte zu ihm: Was steht im Gesetz geschrieben? Was liest du? Er antwortete: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele, mit deiner ganzen Kraft und deinem ganzen Denken, und deinen Nächsten wie dich selbst. Jesus sagte zu ihm: Du hast richtig geantwortet. Handle danach und du wirst leben! Der Gesetzeslehrer wollte sich rechtfertigen und sagte zu Jesus: Und wer ist mein Nächster? Darauf antwortete ihm Jesus: Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab und wurde von Räubern überfallen. Sie plünderten ihn aus und schlugen ihn nieder; dann gingen sie weg und ließen ihn halbtot liegen. Zufällig kam ein Priester denselben Weg herab; er sah ihn und ging vorüber. Ebenso kam auch ein Levit zu der Stelle; er sah ihn und ging vorüber. Ein Samariter aber, der auf der Reise war, kam zu ihm; er sah ihn und hatte Mitleid, ging zu ihm hin, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie. Dann hob er ihn auf sein eigenes Reittier, brachte ihn zu einer Herberge und sorgte für ihn. Und am nächsten Tag holte er zwei Denare hervor, gab sie dem Wirt und sagte: Sorge für ihn, und wenn du mehr für ihn brauchst, werde ich es dir bezahlen, wenn ich wiederkomme. Wer von diesen dreien meinst du, ist dem der Nächste geworden, der von den Räubern überfallen wurde? Der Gesetzeslehrer antwortete: Der barmherzig an ihm gehandelt hat. Da sagte Jesus zu ihm: Dann geh und handle du genauso! Lukas 10,25-37

Liebe auf Probe

Die Frage nach der Liebe (ἀγάπη/agápe) wird hier zum Lakmustest, mit dem ein Gesetzeslehrer Jesus auf die Probe stellen möchte. Das Problem ist, wer denn der oder die Nächste ist, von dem das Gebot der Nächstenliebe spricht. Jesus antwortet in für ihn typischer Weise mit einem Gleichnis. Zwei fromme Männer weichen dem unter die Räuber Gefallenen aus. Obwohl sie ihn gesehen haben müssen, kümmern sie sich nicht um ihn. Ihr frommer Dienst geht vor – zeitlich und normativ, denn eine Berührung mit einem Verletzten, von dem man noch nicht einmal weiß, ob er zum eigenen Volk gehört, könnte unrein und ritusuntauglich machen. Erst ein Samariter wird kommen und erste Hilfe leisten. Ein Volksfremder wird zum Vorbild.

Es lohnt sich, die jesuanische Erzählung genauer anzuschauen. Nächstenliebe hat ja etwas Heroisches. Wer aus Nächstenliebe barmherzig handelt steht ja oben, er lässt sich herab, den Bedürftigen zu helfen – und das meist nicht so selbstlos, wie es eigentlich zu erwarten wäre. So haben sich zahlreiche Ehrenamtliche in den letzten Jahren um Flüchtlinge gekümmert – teilweise bis zu Erschöpfung und Selbstaufopferung. Das war ein großartiges Zeugnis christlicher Nächstenliebe, das hier und da aber an Glanz verlor, wenn die Bekümmerten nicht so wie gewünscht reagieren. Undankbar seien sie gewesen, wo man doch so viel getan hätte; sie würden sich ja gar nicht richtig integrieren oder Deutsch lernen wollen – usw. usw. usw.

Beileibe: Das sind einzelne Stimmen. Aber sie zeigen doch, dass auch die Nächstenliebe ihre Schrecken hat – Schrecken, die manch eine Helferin und manch ein Helfer durch die Selbstberuhigung zu lindern sucht, man bekomme ja durch die Arbeit viele zurück. Aber genau darum geht es nicht. Wahre Liebe lärmt nicht nur nicht, sie bläht sich nicht auf, sie macht sich nicht wichtig – sie erwartet auch nichts. Noch nicht einmal ein Danke!

Liebe ist aufrichtig, nie herablassend

Genau das ist der Impetus des sogenannten „Gleichnisses vom barmherzigen Samariter“. Schaut man sein Handeln an, dann fällt zuerst auf, dass er sich vom Schicksal des Verletzten berühren lässt. Es heißt, er habe Mitleid gehabt. Mitleid ist aber mehr Empathie. Das Mitleid, von dem hier die Rede ist, ergreift, betrifft, treibt zur Tat. Mehr noch: Das hier verwendete Verb ἐσπλανγχνίσθη (gesprochen: esplangchnísthe) meint wörtlich das im Inneren getroffen sein. Das Schicksal des Ausgeraubten trifft ihn in den Eingeweiden, geht ihm an die Nieren und sticht ihn ins Herz. Es überwindet die natürlichen Schutzbarrieren, so dass echte Hilfe möglich wird.

Der Gefallene liegt am Boden. Er kann nicht aufstehen. Der Samariter muss sich auf seine Ebene begeben. Aber er lässt sich eben nicht herab. Im Gegenteil: Nicht er sitzt auf dem hohen Ross gutgemeinter Besserwisserei. Er geht zu Fuß. Er leistet Erste Hilfe. Er gibt das, was er kann – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dann hebt er den Verletzten auf das Reittier. In gewisser Weise richtet er ihn damit auf. Der Verletzte sitzt jetzt oben, der Samariter bleibt am Boden. In der Herberg, wo man dem Verletzten helfen kann, veranlasst er schließlich die notwendigen Schritte. Der abschließende Satz, er werde auch den Rest bezahlen, wenn er wiederkommt, weist ihn als Handlungsreisenden aus, der in der Herberge bekannt war. Das heißt aber auch, dass er die Herbergsleute kannte. Er wusste offenkundig um deren Fähigkeiten, Verletzte Gesund zu pflegen. Wo er nur erste Hilfe leisten konnte, können die „Profis“ hier das darüber Hinausgehende tun.

Es ist richtig – manches davon steht eher zwischen den Zeilen. Diese Leerstellen zu füllen, ist aber notwendig, um das Gleichnis wirklich zu verstehen. Der Samariter erwartet keinen Dank. Er zieht einfach weiter. Und er tut das, was er kann – nicht mehr. Er leistet den ersten Dienst, den Rest müssen die tun, die über die dafür notwendigen Fähigkeiten – materiell, ideel und personell – verfügen.

Nächstenliebe ist proaktiv

Das Besondere an dem Gleichnis ist aber nach wie vor die Frage, wer denn der Nächste sei. Die Standardantwort ist die, dass der der Nächste sei, der am Nächsten am Weg ist. Das aber bringt selbst viele Christen angesichts der Flüchtlingsbewegung zu der Ansicht, dass die Flüchtlinge ja gar nicht nah waren. Man habe sie ja ins Land geholt. Deswegen sei hier Nächstenliebe gar nicht das richtige Paradigma.

Einmal abgesehen davon, dass dann immer noch die Fremdenliebe greifen würde, beantwortet Jesus die Frage auch ganz anders. Genauer: Er stellt dem Gesetzeslehrer Gegenfrage:

Wer von diesen dreien meinst du, ist dem der Nächste geworden, der von den Räubern überfallen wurde? Lukas 10,36

Es geht offenkundig gar nicht um die Frage, wer für die drei der eigentlich Nächste war, sondern um den, wer zum Nächsten wurde. Nächstenliebe im jesuanischen Sinn ist proaktiv. Sie sucht den Nächsten. Sie macht die Andere und den Anderen zu Nächsten. Sie geht vom Weg ab und sucht einen Ort, an dem sie sich ereignen kann. Die Flüchtlinge an den Grenzen waren die Gelegenheit für das christliche Abendland, sich selbst zu finden! Angela Merkel hat das ebenso verstanden wie die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, die den paulinischen Aufruf aus dem Galaterbrief ernst genommen haben:

Deshalb lasst uns, solange wir Zeit haben, allen Menschen Gutes tun, besonders aber den Glaubensgenossen! Galater 6,10

Nächstenliebe ist alternativlos

Tatsächlich ist dieses Handeln für Christen ohne Alternative. Ohne Nächstenliebe geht es nicht. Und die Nächstenliebe sucht. Man hat eben keine Nächsten, man wird zum Nächsten! Auch wenn die eigenen Glaubensgenossen ein gewisses Prä haben, gilt die Nächstenliebe ohne Ausnahme allen. Tertium non datur – einen Ausweg daraus gibt es nicht, ohne dass das Christentum sich selbst verraten würde. Nicht ohne Grund ruft Paulus am Ende seines Lobliedes auf die Liebe aus:

Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe. 1 Korinther 13,13

Dabei kann man aus dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter lernen, dass echte Liebe weder banal noch naiv ist: Das geben, was man hat und kann – das aber voll und ganz – nicht mehr und nicht weniger – und beizeiten die hinzuziehen, die über die entsprechenden Fähigkeiten verfügen und den Beholfenen loslassen können – Liebe ist wahrlich herausfordernd, denn sie erwartet: Nichts! Wer vom geliebten Gegenüber etwas erwartet, hat der Liebe schon die Kraft genommen. Plitsch – und wieder eine Seifenblase weniger … Einfach frustrierend, dass diese hübschen Dinger nicht von Dauer sind.

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Bildnachweis

Titelbild: Frozen express (Nena2112) – Quelle: photocase – lizenziert als photocase Basislizenz.

Bild 1: Der gute Samariter (Vincent van Gogh, 1890) – Quelle: Wikicommons – lizenziert als gemeinfrei.

Einzelnachweis   [ + ]

1. Navid Kermani, Ungläubiges Staunen. Über das Christentum, München 2015, S. 169.
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1 Reply

  1. Hallo Herr Dr. Kleine!

    Jesus sagte: “Wer sein Leben verliert, der wird es gewinnen.” Doch wie hat er das gemeint? Gegenwärtig verkaufen wir unser Leben und müssen uns das Leben anderer ebenfalls erkaufen. So müssen wir die Brötchen ebenso bezahlen wie auch die Wurst und alles andere. Unser Leben gestaltet sich also nur aus Kompromissen und Zugeständnissen. Der Leiharbeiter, der bei Porsche arbeitet, schraubt an einem Auto welches er niemals in seinem Leben fahren wird. Die zweite Klasse der Gesellschaft erwirtschaftet das Paradies für die erste Klasse und kann selbst nicht daran teilhaben. Stellen wir uns vor: Wenn wir alles, was wir gegenwärtig an Produkten, Services und Dienstleistungen schaffen können, bedingungslos weiterreichen würden, ohne etwas dafür zu verlangen, dann würden wir uns einen Ring der unendlichen Glückseeligkeit schaffen. Alles schlechte wäre damit verschwunden. Es gäbe kein Arm und Reich, keinen Vor- und Nachteil und keinen Neid und keine Mißgunst. Erst eine klassenlose Gesellschaft ohne Geld, in der jeder von Herzen leistet wozu er körperlich und geistig im Stande ist, wäre der einzige Weg in’s Paradies, und daran sollten wir glauben! Jesus sagte: “Auch ich bin gekommen um zu dienen, und nicht um mir dienen zu lassen.” Genau da beginnt wahre Nächstenliebe. Viele liebe Grüße und Gottes Segen.