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Disput·Ecclesiastica

Sakrament noch einmal! Es wirkt! Ein neutestamentlicher Versuch einer sakramentalen Neuorientierung


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Das Leben ist kein Rechtsgeschäft. Leben ist Existenz. Die Lebenden brauchen zwar Regeln und Gesetze, um ein friedliches und sicheres Zusammenleben zu ermöglichen. Der Buchstabe des Gesetzes aber an sich ist tot, wie Paulus im 2. Korintherbrief schreibt:

Denn der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig. 2 Korinther 3,6

Der Geist ist der Geist Gottes. Gott selbst lässt sich nicht mit menschlichen Regeln und Gesetzen fassen. Folgerichtig führt Paulus daher aus:

Der Herr ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit. 2 Korinther 3,17

Für diejenigen, die darum wissen, dass sie den Geist des Herrn in sich tragen, gibt es daher nur eine Konsequenz:

Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Bleibt daher fest und lasst euch nicht von neuem das Joch der Knechtschaft auflegen. Galater 5,1

Des Lebens Ruf heißt Freiheit

Paulus wendet sich im Galaterbrief vor allem gegen Verkünder, die seine Verkündigung der Gesetzesfreiheit – gemeint ist die Freiheit der Glaubenden von den Ge- und Verboten der Thora – in Frage stellen1). Paulus stellt nicht das Gesetz an sich in Frage; er weiß, dass diejenigen, die sich (durch Beschneidung) unter die Thora stellen, verpflichtet sind, die gesamte Thora zu halten. Das Gesetz ist an sich nicht negativ2). Es hat seine Funktion. Sie liegt gerade darin, dass Zusammenleben der Menschen zu regeln:

Warum gibt es dann das Gesetz? Wegen der Übertretungen wurde es hinzugefügt, bis der Nachkomme käme, dem die Verheißung gilt. Es wurde durch Engel erlassen und durch einen Mittler bekanntgegeben. Galater 3,19

Das Gesetz ist aus dieser Sicht also lediglich eine soziale Krücke. Das Leben aber kann das Gesetz eben nicht ermöglichen:

Wäre ein Gesetz gegeben worden, das die Kraft hat, lebendig zu machen, dann käme in der Tat die Gerechtigkeit aus dem Gesetz. Galater 3,21

Diese Potenz aber ist eben nicht im Gesetz. Geber des Lebens ist Gott selbst. Und das hat Folgen:

Ihr seid zur Freiheit berufen, Brüder. Nur nehmt die Freiheit nicht zum Vorwand für das Fleisch, sondern dient einander in Liebe! Denn das ganze Gesetz ist in dem einen Wort zusammengefasst: Du sollt deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Galater 5,13-14

Liebe ist konkret

So wenig das Leben ein Rechtsgeschäft ist, so sehr gilt in ihm das Gesetz der Liebe Christi. Liebe aber ist nicht formlos. Liebe existiert nur in der Beziehung. Sie ereignet sich in der Begegnung. Sie ist konkret.

Paulus selbst kennt diese Konkretionen der Liebe. An die Galater schreibt er:

Brüder, wenn einer sich zu einer Verfehlung hinreißen lässt, so sollt ihr, die ihr vom Geist erfüllt seid, ihn im Geist der Sanftmut wieder auf den rechten Weg bringen. Galater 6,1

Nicht Verurteilung dessen, der sich verfehlt hat, ist das Ziel, sondern die Ermöglichung des Guten:

Deshalb wollen wir, solange wir noch Zeit haben, allen Menschen Gutes tun, besonderes aber denen, die mit uns im Glauben verbunden sind. Galater 6,10

Segen geht nicht ohne Sagen

Das griechische Wort für Segen – εὐλογία (gesprochen: eulogía) – bedeutet wörtlich: das gut Gesagte. Das Gesagte bleibt wirkungslos, wenn es nicht einen Menschen gibt, der das Gute sagt und einen Menschen, der das Gute hört. Der Segen wird so zum Ereignis, zum Geschehen. Im Sagen wird der Segen wirklich. Er wirkt sich aus, weil er aus dem Faktum der Kommunikation erwächst. Das Gesagte kann nicht einfach zurückgenommen werden. Es ist geschehen. Es ist Teil der Geschichte zwischen denen, die sich segnend begegnet sind. Der Segen hat Konsequenzen.

Was für den Segen gilt, gilt insbesondere auch für die Sakramente. In ihnen handelt Gott selbst am Menschen. In der sakramentalen Begegnung wird die alltägliche Gegenwart Gottes in das Bewusstsein des Menschen gehoben und irreversibel wirksam.

Der Widerspenstigen Zähmung

Freilich wird das in der rudimentären Form, in der Sakramente heute „gefeiert“ werden, nur selten wahrgenommen. Ihr fehlt die existentielle Kraft, die sie ursprünglich hatten. An die Stelle der Ergreifung des Menschen ist die juristische Absicherung getreten. Recht und Gesetz haben die Sakramente sicherer gemacht – man weiß jetzt, wann und unter welchen Voraussetzungen sie gültig und erlaubt sind, und wann nicht. Aber man hat die Sakrament so auch gezähmt. Ihre Wirkungen werden zwar theologisch beschrieben. In Wirklichkeit aber haben sie offenkundig ihre Kraft verloren. Wie anders war das zu Zeiten des Neuen Testamentes, wie folgende Beispiele zeigen.

Wirkliche Zeichen

Tatsächlich findet sich im Neuen Testament kein sakramentales Rituale. Freilich kann man aus der Bedeutung, die die neutestamentlichen Schriftsteller den Vorgängen beimessen, Rückschlüsse auf diese selbst ziehen. So steht außer Zweifel, dass die Taufe von Beginn des Christentums an für die Eingliederung in eine konkrete Gemeinde von Bedeutung war. Das ergibt sich nicht nur aus dem sogenannten „Taufbefehl“ des Auferstanden (vgl. Matthäus 28,19), sondern auch aus der Schilderung der Ereignisse nach der Pfingstpredigt des Petrus in der Apostelgeschichte:

Als sie [die Zuhörer, WK] das hörten, traf es sie mitten ins Herz, und sie sagten zu Petrus und den übrigen Aposteln: Was sollen wir tun, Brüder? Petrus antwortet ihnen: Kehrt um, und jeder von euch lasse sich auf den Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung seiner Sünden; dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen. Apostelgeschichte 2,37-38

Und wenige Verse später heißt es:

Die nun das Wort annahmen, ließen sich taufen. An diesem Tag wurden etwa dreitausend Menschen hinzugefügt. Apostelgeschichte 2,41

Die etwas idealistische Schilderung des Lukas im Fortgang macht deutlich, dass die Taufe Konsequenzen für die Getauften hatte:

Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten. Alle wurden von Furcht ergriffen; denn durch die Apostel geschahen viele Wunder und Zeichen. Und alle, die gläubig geworden waren, bildeten eine Gemeinschaft und hatten alles gemeinsam. Sie verkauften Hab und Gut und gaben davon allen, jedem so viel, wie er nötig hatte. Tag für Tag verharrten sie einmütig im Tempel, brachen in ihren Häusern das Brot und hielten miteinander Mahl in Freude und Einfalt des Herzens. Sie lobten Gott und waren beim ganzen Volk beliebt. Und der Herr fügte täglich ihrer Gemeinschaft die hinzu, die gerettet werden sollten. Apostelgeschichte 2,42-47

Die Taufe – Untergang und Neubeginn

Man kann sich kaum vorstellen, dass eine Taufe, wie sie heute gefeiert wird, solche bewusstseinserweiternden Folgen hat. Das bloße Übergießen des Kopfes mit ein paar Tropfen Wasser steht auch kaum hinter dem, was Paulus im Römerbrief schreibt3):

Wisst ihr denn nicht, dass wir alle, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, auf seinen Tod getauft worden sind? Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod; und wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben. Wenn wir nämlich ihm gleich geworden sind in seinem Tod, dann werden wir mit ihm auch in seiner Auferstehung vereinigt sein. Römer 6,3-5

Die Taufe wird als „Begrabensein“ beschrieben. Darauf deutet allein schon das griechische Wort für Taufe – βάπτισμα (gesprochen: báptisma) – hin, das wörtlich „Untertauchung“ bedeutet. Die Taufe geschah durch Untertauchen des ganzen Körpers. Im Wasser ging der Mensch im wahrsten Sinn des Wortes unter. Unter Wasser gehalten wurde es ihm quasi zum Grab. Die Untertauchung war ein symbolischer Tod. Deshalb kann Paulus schreiben:

Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod. Römer 6,4

Der Täufling blieb aber nicht im Wasser. Er wurde aus der Taufe gehoben. Man kann sich gut vorstellen, wie er nach Leben gierend Luft schnappt. Wie im Schöpfungsakt, bei dem Gott dem Adam den Lebensatem einblies (vgl. Genesis 2,7), sog auch der Täufling das nun neue Leben ein. Er wurde geboren zu einem neuen Leben, in dem er nun als neuer Mensch leben sollte:

Und wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben. Römer 6,4

Nur Erfahrungen wirken wirklich

Es ist die existentielle Erfahrung, die dem Leben eine neue Wendung gibt. Das ist kein bloßer Ritus. Es ist ein existentieller Eingriff in das Leben des Menschen. Er wird von der Symbolhandlung regelrecht ergriffen. Die tiefgreifende existentielle Dimension des Ritus, der hinter den theologischen Formulierungen des Paulus steht, schafft Fakten, die er im Galaterbrief ausführt:

Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus (als Gewand) angelegt. Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid «einer»4) in Christus Jesus. Wenn ihr aber zu Christus gehört, dann seid ihr Abrahams Nachkommen, Erben kraft der Verheißung. Galater 3,26-28

Die Gemeinschaft der Getauften bildet deshalb den Leib Christi (vgl. 1 Korinther 12,12-31). Es ist gerade das im wahrsten Sinn des Wortes existentielle Eintauchen in das Schicksal Christi, das die Getauften verbindet, wie ein späterer – wahrscheinlich aus der Paulusschule stammender – Autor im Epheserbrief schreibt, wobei das Zahlenwort „ein“ (griechische: εἷς – gesprochen: heîs) durch seine Anfangsstellung besonders betont werden muss:

Ein Leib und ein Geist, wie euch durch eure Berufung auch eine gemeinsame Hoffnung gegeben ist; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist. Epheser 4,4-6

Lebenszeichen mit sozialer Dimension

Das Sakrament der Taufe wirkt also nicht einfach für sich. Es wirkt sich aus. Es hat eine soziale Dimension, weil es in eine Gemeinschaft eingliedert. Es begründet die Einheit (εἷς) der Gemeinschaft. Gemeinschaften brauchen Regeln. Die Regel, die in der Gemeinschaft der Getauften gilt, nennt Paulus das „Gesetz Christi“:

Einer trage des anderen Last; so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. Galater 6,2

Dass auch die in der Taufe begründete Gemeinschaft der Glaubenden eine existentielle Dimension hat, führt Paulus im 1. Korintherbrief im Zusammenhang seiner Erörterungen um das Herrenmahl aus. Noch bevor er die Überlieferung des Herrenmahles beschreibt, stellt er unzweifelhaft fest:

Ist der Kelch des Segens, über den wir den Segen sprechen, nicht Teilhabe am Blut Christi? Ist das Brot, das wir brechen, nicht Teilhabe am Leib Christi? Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib; denn wir alle haben teil an dem einen Brot. 1 Korinther 10,16-17

Auch hier steht – wie eben im Epheserbrief – das Zahlenwort „ein“ (εἷς) jeweils betont am Anfang. Paulus betont also die Einheit der Gemeinde.

Später beschreibt er in 1 Korinther 11,23-26 die Abendmahlsüberlieferung, wobei er betont:

Denn ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch dann überliefert habe. 1 Korinther 11,23

Es handelt sich also um eine Botschaft Jesu selbst; es ist nicht die Botschaft des Paulus. Das verstärkt die Autorität der Überlieferung. Dabei ist es interessant, den Kontext zu beobachten, in dem Paulus die Abendmahlsüberlieferung plaziert. In den Versen vorher kommt er nämlich auf Missstände in der korinthischen Gemeinde zu sprechen.

Die Demütigung des Sakramentes

Den Ausführungen des Paulus liegt offenkundig die Praxis zugrunde, dass das Herrenmahl kein frommer Ritus war, der andächtig vom eigentlichen Leben separiert für sich stand. Er war im wahrsten Sinn des Wortes lebenswirklich. So gab es im Zusammenhang der Vergegenwärtigung des Herrenmahls die Praxis einer wirklichen Feier, bei der – wie es für echte Feiern üblich ist – gegessen und getrunken wurde. Und hier kam es zu Missständen:

Wenn ich schon Anweisungen gebe: Das kann ich nicht loben, dass ihr nicht mehr zu eurem Nutzen, sondern zu eurem Schaden zusammenkommt. Zunächst höre ich, dass es Spaltungen unter euch gibt, wenn ihr als Gemeinde zusammenkommt; zum Teil glaube ich das auch. Denn es muss Parteiungen geben unter euch; nur so wird sichtbar, wer unter euch treu und zuverlässig ist. Was ihr bei euren Zusammenkünften tut, ist keine Feier des Herrenmahls mehr; denn jeder verzehrt sogleich seine eigenen Speisen, und dann hungert der eine, während der andere schon betrunken ist. Könnt ihr denn nicht zu Hause essen und trinken? Oder verachtet ihr die Kirche Gottes? Wollt ihr jene demütigen, die nichts haben? Was soll ich dazu sagen? Soll ich euch etwa loben? In diesem Fall kann ich euch nicht loben. 1 Korinther 11,17-22

Die Einheit der Getauften wurde gerade bei Herrenmahl, das doch Ausdruck eben dieser Einheit sein sollte, unterlaufen. Die Spaltung in der Gemeinde in Arme und Reiche wurde deutlich. Das läuft der existentiellen Dimension des Herrenmahls zuwider. Es demütigt das Sakrament. Und gerade deshalb stellt Paulus fest:

Wer also unwürdig von dem Brot isst und aus dem Kelch des Herrn trinkt, macht sich schuldig am Leib und am Blut des Herrn. Jeder soll sich selbst prüfen; erst dann soll er von dem Brot essen und aus dem Kelch trinken. Denn wer davon isst und trinkt, ohne zu bedenken, dass es der Leib des Herrn ist, der zieht sich das Gericht zu, indem er isst und trinkt. 1 Korinther 11,27-29

Das unwürdige Essen und Trinken vom Leib und vom Blut des Herrn besteht also nicht in mangelndem Glauben, sondern in einem Mangel an existentieller Konsequenz, die in der mangelnden Einheit der Gemeinde sichtbar wird. Der Empfang von Leib und Blut Christi wirkt nicht einfach so. Er muss sich im Leben der Empfangenden auswirken. Wo der Glaube keine gesellschaftlichen und sozialen Wirkungen hat, wird das Sakrament gedemütigt.

Zeichen der Liebe Gottes mit Drang zum Leben

Dass Sakrament Zeichen der Liebe Gottes seien, gehört zu den pastoralen Platitüden, die in katechetischen Unterweisungen gerne unreflektiert repetiert werden. Freilich fehlt es der heutigen Art und Weise, die Sakramente zu begehen, an existentieller Dynamik. Sie ergreifen den Menschen nicht mehr. Die Feier ist zu harmlos und zu zahm, um wirklich wirksam werden zu können. Die Sakramente sind gezähmt worden durch rechtliche Vorschriften. Das opus operatum, das in der rechten Weise gespendete Sakrament genügt nun schon. Das gibt zweifellos Sicherheit. Aber es nimmt eben auch lebenswirkliche Dynamik.

Was hier an den Sakramenten der Taufe und der Eucharistie aus neutestamentlicher Sicht erörtert wurde, kann auch auf die anderen Sakramente übertragen werden. Im Jakobusbrief wird etwa die Überwindung der Distanz, die Krankheit bewirkt, genauso existentiell eindringlich beschrieben, wie die Wiederherstellung der gemeindlichen Gemeinschaft, die durch das Fehlverhalten Einzelner gefährdet wurde:

Ist einer von euch krank? Dann rufe er die Ältesten der Gemeinde zu sich; sie sollen Gebete über ihn sprechen und ihn im Namen des Herrn mit Öl salben. Das gläubige Gebet wird den Kranken retten und der Herr wird ihn aufrichten; wenn er Sünden begangen hat, werden sie ihm vergeben. Darum bekennt einander eure Sünden und betet füreinander, damit ihr geheiligt werdet. Viel vermag das inständige Gebet eines Gerechten. Jakobus 5,14-16

Da geht es nicht um die bloße Salbung oder das stille Bekenntnis in der Anonymität des Beichtstuhls. Es geht um die existentielle Kraft faktischer Gemeinschaft in die der Kranke und der Sünder konkret und wirksam hineingenommen wird. Im Geschehen der Handlung wird das Sakrament bereits wirklich – nicht irgendwie spirituell, sondern konkret! Die Zeichen der Liebe Gottes drängen zum Leben.

Wegweiser

Der Blick auf die existentielle Dimension, die im Neuen Testament sichtbar wird, liegt die Potenz für eine Neuorientierung der Sakramententheologie heute. Die Zähmung der Sakramente durch Recht und Gesetz hatte im Sinne der Vergewisserung, was überhaupt ein Sakrament sei, ihre Ursache. Diese Zähmung aber erweist sich auch als Lähmung. Das gilt für alle Sakramente – auch für die Sakramente der Ehe und der Weihe. Vielleicht ist es an der Zeit für einen neuen Blick auf die Sakramente. Es gilt, die sakramentale Lebenswirklichkeit neu zu entdecken. Sakramente empfängt man nicht für sich. Sie wirken nicht einfach so, wenn sie nichts im Leben der Menschen verändern. Es ist die Art und Weise der Feier, die diese Veränderung bewirkt. Das Leben aber lässt sich nicht wirklich zähmen.

Ist es diese Angst vor der anarchischen Kraft der Liebe Gottes und des Lebens, die manchen Kleingläubigen erschreckt in die sicheren Gefilde von Recht und Gesetz zurückweichen lässt? Sie sollten sich ein Beispiel an Petrus nehmen, der den heidnischen Hauptmann Kornelius gegen jede Konvention und Regel tauft, weil die Entscheidung Gottes im Leben längst wirklich geworden ist (vgl. Apostelgeschichte 10,1-48):

Petrus aber sagt: Kann jemand denen das Wasser zu Taufe verweigern, die ebenso wie wir den Heiligen Geist empfangen haben? Apostelgeschichte 10,47

Petrus wird für sein regelwidriges Verhalten zur Rechenschaft gezogen (vgl. Apostelgeschichte 11,1-18). Gott lässt sich aber auch von Aposteln nicht zähmen – durch kein Gesetz der Welt. Und so sollten sich die Zweifler und Zauderer das Selbstbekenntnis des Petrus zu eigen machen:

Wer bin ich, dass ich Gott hindern könnte? Apostelgeschichte 11,17

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Bildnachweis

Titelbild: Werner Kleine, Screenshot aus dem Video “baptízein” – Quelle: Katholische Citykirche Wuppertal/Foto: Chrisotph Schönbach – Kath 2:30 – http://www.kath-2-30.de/2011/04/21/baptizein/

Video 1: Katholische Citykirche Wuppertal – Kath 2:30 – baptízein – Regie: Christoph Schönbach, Idee: Werner Kleine – Quelle: http://www.kath-2-30.de/2011/04/21/baptizein/

Video 2: Katholische Citykirche Wuppertal – Kath 2:30 – eucharisteîn – Regie: Christoph Schönbach, Idee: Werner Kleine – Quelle: http://www.kath-2-30.de/2012/01/21/eucharistein/

Video 3: Katholische Citykirche Wuppertal – Kath 2:30 – parakaleîn – Regie: Christoph Schönbach, Idee: Werner Kleine – Quelle: http://www.kath-2-30.de/2013/05/06/parakalein/

Alle Videos stammen aus der Sakramentenreihe des Weblogs “Kath 2:30” der Katholischen Citykirche Wuppertal. Weitere Videos der Kath 2:30-Sakramentenreihe

Einzelnachweis   [ + ]

1. Letztlich ist diese Frage – freilich nicht Blick auf die Thora, sondern mit Blick auf die stetig gewachsenen kirchenrechlichen Regelungen und Normierungen des Kahtolischen – wieder aktuell. Ein Grundproblem, das etwa auf der im Oktober 2015 in Rom tagenden Bischossynode verhandelt wird, ist ja mit Blick auf die Theologie der Ehe und den Umgang mit den wiederverheiratet Geschiedenen das Verhältnis von eherechtlicher Grundlegung und pastoraler Ausgestaltung. Dabei gerät die existentielle Dimension ebenso häufig aus dem Blick wie das Bewusstsein für das geschichtliche Wachsen des Verständnisses der Ehe. So schreibt der Synodenteilnehmer Abtpräses Jermias Schröder in seinem Blog am 15. Tag der Synode: “In der Heimat fragen mich viele, wie es auf der Synode läuft. Zu längeren Erklärungen ist meist keine Zeit, aber (…) am späten Abend [findet sich] noch eine bunte Gruppe zusammen, in der freimütig gesprochen wird. Es sind auch ein paar Professoren am Tisch, und hier wird im Plauderton vorausgesetzt und ausgebreitet, was auf der Synode eher Geheimwissen zu sein scheint: dass die Art und Weise, wie die katholische Kirche das Sakrament der Ehe versteht und feiert, in der jetzigen Form eigentlich erst seit dem Konzil von Trient festgezurrt ist.” (Quelle: http://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/tag-14-heimatbesuch-und-stehapplaus [Stand: 19.10.2015]).
2. Vgl. zur Bedeutung des Gesetzes im Neuen Testament auch den Dei Verbum-Beitrag „Alles eine Frage der Gerechtigkeit“: http://www.dei-verbum.de/alles-eine-frage-der-gerechtigkeit/ [Stand: 18.10.2015].
3. Vgl. zur Taufpraxis der frühe Kirche auch die Schriften De Sacramentis und De Mysteriis von Ambrosius von Mailand – gut greifbar in: Ambrosiu, De Sacramentis/De Mysteriis – Über die Sakrament/Über die Mysterien (Lateinisch-Deutsch), Fontes Christiani (hrsg. Von N. Brox u.a.), Bd. 3, Freiburg i. Br. 1990.
4. Εἷς ἐστε ἐν Χριστῷ – gespochen: heîs este en Christô.
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